Moin Jan,
erst einmal danke, dass Du das Thema aufgegriffen hast ... ich versuche mal, wie gewohnt umfangreich zu antworten.
1. Ich kann mich nicht auf Sulawesi-Garnelen beziehen, ich kenne deren Ansprüche nicht.
2. Ich habe hier, bezogen auf Garnelen, nur 60er-Becken (54 Liter), die gut eingefahren und bepflanzt sind, keinerlei aktive Bodengründe, der Besatz ist C. cf. cantonensis in allen Formen ...
3. Das "Procedere I" ... (bezogen auf ein Garnelen-"Schauaquarium", also dicht bepflanzt, etc.):
- Becken laufen hervorragend, Pflanzen wachsen, NO3 und PO4 sind meist an der Nachweisgrenze, Pflanzen "fressen" mir die KH ... also muss ich teilweise schon NPK-Dünger zuführen (NO3-Mangel trat auf, nachdem ich die Guppys entfernt hatte, es fehlen also "Scheixxer"). Mein Leitungswasser wird irgendwie wöchentlich weicher (KH 3-4°dh, GH 8°dh, LF ~250µS/cm).
Die Becken sind mit
- entweder mit einem AquaClear 20 versehen, der wie folgt modifiziert/aufgepeppt/gepimpt/gemoddet wurde: im Einsatz zwei Schaumstoffwürfel + ein Vorfilterschwamm (Patrone von Eheim) am Ansaugkorb + ein kl. Filtermedienbeutel mit Siporax (der paßte auch noch in den Einsatz). Somit wurde das Filtervolumen/Ansiedlungsfläche nahezu verdoppelt. Es wird immer nur ein Medium kurz ausgedrückt, wenn mal irgendwann die Leistung nachläßt.
- oder ein HMF mit Strömungspumpe (statt TLH) + zus. Patrone versehen.
- alle Becken haben noch einen garnelensicher umgebauten "Powerhead" als Strömungspumpe eingebaut, der aber keinerlei Diffusor-Funktion ausübt.
- Irgendwelche "Belüftung" über Membranpumpen findet nicht statt.
Alle Becken sind somit schon stark überfiltert, Sauerstoffmangel tritt wg. starker Oberflächenbewegung nicht auf, Temp.-Probleme habe ich nicht, CO2 wird nachts abgeschaltet.
Wie gehe ich vor? Wöchentlich ca. 10%, also ca. 5 Liter für die PISA-Opfer, mit Amtra pro nature kurz aufbereitet (ca. 1h im Raum stehen lassen), ein "Spritzer" Eichenextrakt (Markierung an einer alten Pipette, daher keine ml-Angabe mehr möglich), etwas Spurenelemente mit Rowa Mineral, da ja im Leitungswasser fast nichts mehr drin ist und die Pflanzen sich ja auch noch bedienen wollen.
Damit wechsel ich dann wöchentlich die o.a. 5 Liter. 1 Liter Altwasser wird ein einem sep. Meßbecher mit etwas Dünger versehen und ca. 1h nach dem Wasserwechsel langsam zugegeben, dann bindet der Wasseraufbereiter auch da nicht sofort irgenwelche Verbindungen.
Wasserwechsel + Filterreinigung mach ich nie gleichzeitig - das ist mir einfach ein zu starker Eingriff, auch wenn ich immer nur einen Block bzw. die Vorfilterpatrone ausdrücke - wie gesagt, den Filter packe ich nur an, wenn die Leistung merklich nachläßt.
Auf o.a. Weise vermeide ich ein "Verschwinden" meiner KH (ich mag einfach nicht mit "KH 0" fahren, auch wenn das so nicht ganz korrekt ist. Wenn ich die Wassermenge auf diese Weise wechsel, halte ich meine LF schön konstant und es reichern sich nicht irgendwelche unerwünschten Zusätze an ...
4. Das "Procedere II" - (bezogen auf ein Fisch-Zuchtbecken, wenig bis keine Einrichtung, starke Fütterung):
- Da hier z.B. die "Verbraucher" von Phosphat und Nitrat fehlen, ist ein stärkerer Wasserwechsel nötig. Ich denke, ähnliche Konstellationen treten auch bei Garnelen-Zuchtbecken auf, zumal das Filtervolumen bei vielen TLF recht bescheiden ist. Hier muß also eine Anreicherung vermieden werden.
5. Das "Procedere III" - (bezogen auf einen Verdachstfall/Infekt in einem Becken):
- Wie in einem anderen Thema beschrieben, vermute ich in einem von mir betreuten Becken einen Infekt. Da ich die Wechselwirkung von Medikamenten, speziell von Breitband-Antibiotika, auf Garnelen und Filterbakterien als kritisch und weitgehend unerforscht betrachte, erachte ich stärkere bzw. häufigere Wasserwechsel als das "kleinere Übel" für die Garnelen, um die Keimzahl zu drücken. Das setzt aber in meinen Augen eine noch sorgfältigere Anpassung an bestehende Wasserwerte voraus, auch eine Anpassung der Temperatur.
6. Zusammenfassung (bezogen auf meine Ansicht/Verhältnisse):
- "Schaubecken" mit einem ausreichend großen Wasservolumen (z.B. die 54 Liter-Becken), um stabile Wasserwerte zu gewährleisten, gutes Filtervolumen + dichte Bepflanzung - nur geringe Teilwasserwechsel, um evtl. Anreicherung nicht verbrauchbarer Verbindungen zu entfernen und neue Spurenelemente/Dünger verdünnt zuführen zu können.
- "Zuchtbecken" mit keiner oder geringer Bepflanzung (Nixkraut, ein herausnehmbarer Stein/Wurzel mit Moos) bedingen hinsichtlich Phosphat durchaus stärkere oder häufigerer Wasserwechsel.
- "Behandlungsbecken" - hier gilt das gleiche, sei es, um Medikamente zu entfernen oder die Keimzahl zu drücken.
7. Fazit:
Bezogen auf Deine Eröffnungsaussage stimme ich Dir zu. Es gibt in anderen Bereichen auch Untersuchungen, die eine Keimminderungen durch bestimmte, heimische Wasserpflanzen bestätigen. Auch wenn weitergehende Untersuchungen hinsichtlich Pflanzen in Aquarienkultur fehlen, vermute ich hier ähnlich Eigenschaften. Eine gute Bepflanzung (ein gutes Pflanzenwachstum vorausgesetzt) verbunden mit passender Besatzdichte und Fütterung löst also eine Menge Probleme. Ebenso spielt der Mulm und die Mikroflora eine große Rolle als Puffer für ein leicht saures Milieu. Es kann mitunter ganz schön lange dauern, den pH dauerhaft stabil in einem gut eingefahrenen, nicht klinisch reinem Becken, zu drücken. In einem stabil laufenden Becken ist weniger also eher mehr, wenn das Gleichgewicht stimmt.
Bezogen auf Habitat/Biotop-Untersuchungen ist die Situation eine andere. Betrachtet man z.B. die Wasserwerte stark bewachsener Bäche, wundert man sich über das Übermaß an Wachstum in diesem absolut weichen, vermeintlich nährstoffarmen Wasser. Die Wahrheit ist aber die, dass beständig z.B. über Sickerstellen eine geringe, aber beständige Konzentration gelöster Stoffe den Pflanzen (und schlußendlich auch der Fauna) zur Verfügung gestellt wird, während Stoffwechselprodukte sofort abtransportiert werden. Auch in den meisten Seen herrscht eine beständige Strömung, sei es durch Grundwassereinsickerung oder durch Temperaturgefälle.
Diese Verhältnisse können wir in heimsichen Aquarien nur bedingt nachzuahmen versuchen.
Eigene Erfahrungen in der Haltung/Zucht "schwieriger" Fischarten haben mir in der Vergangenheit gezeigt, das oftmals ein täglicher, sehr geringer Wasserwechsel (3-5% !) oftmals mehr Erfolg zeigte, als ein größerer, wöchentlicher Wasserwechsel von z.B. 20%. Diese Erfahrungen sprechen sicherlich für Deine Streßthese.