Hallo Nils,
erstmal mein Kompliment: wenn ich mir Deine Beiträge so ansehe - sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich Rechtschreibung - kann ich kaum glauben, dass Du erst 12 Jahre alt bist! Wenn ich mir da Beiträge von manchen Leuten anschaue, die doppelt oder dreimal so alt sind...
Ich möchte Dich nicht von den Kardinalsgarnelen abbringen, ich glaube nämlich nicht, dass Du nicht in der Lage wärst, diese Garnelen zu halten. Intelligenz, Verantwortungsbewusstsein und Lernbereitschaft sind - die ersten 8 bis 10 Lebensjahre mal ausgenommen - nur sehr eingeschränkt altersabhängig. Viele haben mit 30, 40 oder auch niemals die erforderliche Reife zum Halten von Tieren, insofern ist die Alterszahl völlig unbedeutend. Das worauf es ankommmt, scheint bei Dir zu stimmen.
Hinzu kommt, dass die Kardinälchen erst sehr kurz in Aquaristik sind und völlig anders als andere Garnelen sind, weshalb es unbedeutend ist, wie viele Jahre Erfahrung man mit anderen Garnelenarten hat. Diese Erfahrungen sind oft nicht mehr wert als die Erfahrungen in der Haltung anderer aquaristischer Lebewesen. Will sagen: wichtig sind die aquaristische Grundlagen (die manchen auch nach vielen Jahre noch fehlen...).
Was Du allerdings bedenken solltest: die Kardinalsgarnelen sehen zwar attraktiv aus, sind aber weniger zeigefreudig und verglichen mit anderen Zwerggarnelen scheu. Während man bei den nicht minder attraktiven roten Bienengarnelen (ich meine die Zuchtform) im Prinzip wild vorm Aquarium herumhampeln kann, ohne dass diese auch nur die geringste Furcht zeigen oder auch nur mal in ihrer Tätigkeit innehalten und man sich fragt, ob die wirklich so abgebrüht oder einfach nur fast blind sind, reagieren die Kardinalsgarnelen auf die kleinste Bewegung. Selbst Bewegungen die meterweit weg vom Aquarium stattfinden und eigentlich auch unauffällig sind (also nicht vor einer Lichtquelle oder mit heller Kleidung vor dunklem Hintergrund) werden wahrgenommen und die Garnelen reagieren darauf nicht derart, dass sie an die Scheibe vorspringen
Auch reagieren Kardinalsgarnelen gewöhnlich nicht auf Futter, wenn doch, dann waren die Garnelen ausgehungert und das sollte man bei allen Garnelenarten vermeiden, weil sie bedingt durch den kurzen Darm und mangels Fetteinlagerungen keine Reserven haben um lange Hungerperioden zu überdauern. Deshalb fressen Zwerggarnelen nahezu ununterbrochen und finden ja auch immer was, um es abzugrasen. Wenn Du also Futter reinwirfst, dann wirst Du nicht das putzige Verhalten von Bienen erleben, die das Futter riechen und dann aktiv sowie recht zielstrebig suchen und, nachdem sie es gefunden haben, nach Möglichkeit fortschleppen und verteidigen. Die Kardinäle interessiert das gar nicht, die bewegen sich scheinbar unkoordiniert alle paar Sekunden in eine beliebige Richtigung, selbst wenn sie eigentlich an einer guten Futterquelle sitzen und sich dadurch von ihr entfernen. Wenn sie auf diese Weise zufällig auf zugegebenes Futter treffen, knabbern sie auch kurz daran herum, lassen es aber ebenso schnell wieder liegen. Gleichzeitig sind diese Garnelen sehr wählerisch. Wenn man nämlich nah genug an sie herankommt (und gute Augen hat), kann man nämlich beobachten, dass sie sich zwar alles mögliche in den Mund stecken, das meiste aber auch unverzüglich sofort wieder ausspucken (das wiederrum ist ganz putzig, denn das Ausgespuckte schießt, angesicht des beachtlichen Wasserwiderstands, regelrecht zur Seite weg). Auch Schwimmen die Kardinäle nur aus zwei Gründen: Paarungsschwimmen (und auch das im Vergleich mit anderen Garnelen eher verhalten) und Unwohlsein (dann schon aktiver). Sie schwimmen praktisch nie, um nur mal von A nach B zu kommen. Was ich Dir mit all dem sagen will: die Kardinäle sind schön anzusehen, vom Verhalten her dürften Bienen aber für viele Leute attraktiver sein.
Der Umstand, dass die Kardinäle nicht wirklich ans Futter gehen, verleitet viele sicherlich dazu, diese Garnelen besonders wenig zu füttern. Das halte ich persönlich für einen Fehler, denn weniger Futterzugabe bedeutet auch weniger Sekundärstoffe, also Bakterien die das Futter abbauen oder Schneckenkot, die für die Kardinäle wohl den größeren Nahrungsanteil ausmachen. Da die Kardinäle jedoch wählerrisch bei der Nahrungsaufnahme sind (ausspucken), sollte Nahrung nicht zu knapp vorhanden sein. Meiner persönlichen Beobachtung nach sind Kardinalsgarnelen weniger friedlich, als andere Zwerggarnelenarten. Wenn zwei erwachsene Kardinäle zusammentreffen, kann man nicht selten beobachten, dass eine Garnele die andere "belästigt", damit diese vom Platz weicht. Auch bin ich der Meinung, dass hungrige Kardinäle nicht abgeneigt sind, frisch gehäutete Mitbewohner zu verspeisen. Insofern ist es durchaus wichtig, nicht zu knapp zu füttern, weshalb man keine Nitratbombe (HMF) sondern einen Filter verwenden sollte, der neben der Nitrifikation auch zur Denitrifikation in der Lage ist.
Diese Garnelen sind nicht sehr anpassungsfähig an verschiedene Wasserparameter, da diese in ihrer Heimat sehr stabil sind und sie daher nicht die Chance hatte, hier durch Evolution flexibler zu werden. Die Anpassungsfähigkeit wird sich, wie bei allen anderen aquaristischen Garnelen auch, bei den Nachzuchten im Laufe der Zeit verbessern, derzeit muss man hier jedoch sehr behutsam vorgehen. Das bedeutet für Dich, dass Du entweder Garnelen kaufst, die bisher ähnliches Wasser hatten oder dass Du das Wasser entsprechend ihrer bisherigen Gewohnheit aufbereitest. Grundsätzlich sollte das Wasser nicht zu weich sein. Viele halten die Kardinäle ja in sehr weichem Wasser, den Berichten zufolge aber nicht sehr erfolgreich. Da wir nur die Summen der Wasserparameter ermitteln können, muss trotz ähnlicher Werte eine sehr langsame Eingewöhnung stattfinden. Damit meine ich über eine Zeit von mindestens 10-12 Stunden. Du brauchst also einen großen und einen kleinen Eimer, der kleine Eimer kommt in den großen, in den Zwischenraum kommt Wasser und ein Heizstab. Dieses Wasser wird mit dem Heizstab auf die Temperatur gebracht, die das Transportwasser hat, dann kommen die Garnelen mitsamt Transportwasser in den kleinen Eimer. Nun heizt zu dieses Wasser über einen Zeitraum von mehreren Stunden langsam auf die Aquarientemperatur von 28-29 Grad auf. Gleichzeitig leitest Du über einen Schlauch tröpfchenweise Aquarienwasser in den kleinen Eimer. Aus diesem entnimmst Du regelmäßig etwas Wasser, sodass nach ungefähr 10 Stunden viermal mehr Wasser im Eimer ist, als ursprünglich Transportwasser (wovon durch die regelmäßige Entnahme nur noch sehr geringe Anteile vorhanden sind). Wenn Du so vorgehst, und die Garnelen gute Transportbedingungen hatten, wirst Du kaum Probleme mit Übergangsverlusten haben. Die Tiere setzte Du mit einer unter fließendem Wasser gründlich abgeriebenen Suppenkelle um, nicht mit einem Kescher (der Stress muss nicht sein und die Kardinäle büßen beim Keschern oft ihre Antennen ein). Die paar Bakterien, die aus dem Transportwasser so mit ins Aquarium kommen, sind völlig egal. Mit Kescher spült ja auch niemand die Garnelen erst ab und macht eine Darmspülung...
Wichtig: auch bei den späteren Wasserwechseln das Wasser mit dem Heizstab immer erst auf Temperatur bringen. Kein kälteres Wasser verwenden, wie das manche bei anderen Garnelen praktizieren.
In das Aquarium würde ich reichlich schnellwachsende Pflanzen setzen. Das entspricht zwar nicht ihrem Ursprungshabitat, die Garnelen stören die Pflanzen aber auch nicht, eher im Gegenteil. Der Vorteil ist, dass diese Pflanzen nicht nur Nitrat aufnehmen, sondern auch zahlreiche andere Schadstoffe (wie sonst sollten sich Schadstoffe von verseuchten Böden in Pflanzen nachweisen lassen), die so beim Zurückschneiden aus dem Aquarium kommen. Sehr gut geeignet ist Hornkraut, das wächst bei ausreichend Licht auch bei 29 Grad noch hervorragend.
Aber nun noch zu Deiner eigentlichen Frage: wenn es den Kardinälen gut geht, vermehren die sich ganz problemlos und die Jungen kommen auch ohne weiteres hoch (anders als bei Bienen). Das ist auch nicht verwunderlich, denn die Kardinäle sind ganze einfache Garnelen, keine hochgezüchteten, auch wenn der Preis das derzeit noch suggeriert (in ein paar Jahren kosten die Kardinäle auch nicht mehr viel mehr als Red Fire).
Viele Grüße
Dominik