Hallo zusammen,
da in diesem Forum immer wieder von der Libellenlarven-"Plage" die Rede ist, und man gelegntlich gar schaurige Geschichten darüber erfährt, bin ich in mein Archiv hinabgestiegen und habe das Thema einmal in der historischen aquaristischen Literatur recherchiert.
Wenn es gestattet ist, möchte ich hier nun einiges - aus den Werken in meiner Bibliothek - zitieren:
1. Gemeinnützige Naturgeschichte von Dr. Harald Othmar Lenz, Lehrer an der Erziehungsanstalt zu Schnepfenthal. Dritter Band: Amphibien. Fische. Weichthiere. Kerbthiere. Pflanzenthiere. Mit sechs Tafeln Abbildungen. Gotha, Beckersche Buchhandlung. 1836.
"...Das Weibchen legt seine Eier in`s Wasser, indem es sich an eine Wasserpflanze setzt, und das Ende des Leibes hinein senkt. Die auskriechenden Jungen leben im Wasser, haben eine Schlammfarbe, sind übrigens, mit Ausnahme der fehlenden Flügel, den vollkommnen Libellen ähnlich. Sie haben jedoch eine Art Maske, die fast die Ganze Unterseite des Kopfes bedeckt. Diese Maske hat hinten ein Gelenk und vorn eine Fangzange, kann plötzlich ausgestreckt werden, ergreift Wasserthierchen und bringt sie zum Munde. Sie bleiben 10 bis 11 Monate im Wasser, häten sich mehrmals, kriechen endlich heraus, setzen sich irgendwo fest, die Haut platzt hinter dem Kopfe, Brust und Kopf werden aus der entstandenen Oeffnung hervorgestreckt, die Füße folgen, das Thier biegt sich zurück, hängt den Kopf rücklings herab und ruht eine Zeit lang. Endlich ermannt es sich, hebt sich, packt mit den Füßen das Vorderstück der Hülle und zieht nun auch den Hinterleib heraus...Die Hülle der Larve bleibt sitzen und sieht aus als ob sie lebendig wäre" (S. 306).
2. Das Süßwasser=Aquarium. Eine Anleitung zur Herstellung und Pflege desselben von E. A. Roßmäßler. Mit 1 Titelbild und 50 Illustrationen in Holzschnitt. Leipzig: Hermann Mendelssohn. 1857. Preis geh. 1 Thlr. 15 Rgr.; in engl. Einband 1 Thlr. 25 Rgr. Ausgabe mit fein colorirten Abbildungen in engl. Einband 3 Thlr. 10 Rgr.
Aufgeschnittene und beschmutzte Exemplare werden nicht zurückgenommen.
"Wir gehen zu denjenigen Insekten über, die uns das Aquarium beölkern sollen und mancherlei belehrende Unterhaltung gewähren werden.
1. Dazu gehören vor allen Dingen die Larven und Puppen der Libellen oder Seejungfern aus den Gattungen Libellula, Agrion (Fig. 46. 1,2.) und Aeschna (Fig. 46. 3, 3, 5.), denn diese bekannten Schwärmer in der lauen Sommerluft, die sie bald mit schnarrendem Flügelschlag bald lautlos durchschwärmen, leben in ihren früheren Zuständen im Wasser und nichts erinnert an ihrer Gestalt, oft mit leuchtenden Farben und feinmaschigen Flügeln geschmückt, daß sie den größten Theil ihres Lebens häßliche Wasserthiere gewesen sind. Sind sie aber auch häßlich, so verdienen sie denn namentlich aus einem Grunde in das Aquarium aufgenommen zu werden. Dieser liegt in einem sonderbaren Werkzeuge, der sogenannten Fangmaske, welches sie an der Unterseite desGesichts tragen und womit sie ihre Nahrung, allerlei kleine Wasserthiere, fangen. In der Ruhe liegt die Fangmaske die ganze Unterseite des Gesichts eben wie eine Maske bedeckend, und ist aus drei auseinander zu klappenden Gliedern zusammengesetzt. Langsam nähert sich das träge Thier seinem Opfer, streckt dann plötzlich die Fangmaske aus und packt dasselbe mit den scharfen Klauen, welche an dem vorderen breitem Ende derselben stehen. (Fig. 46.5.)Von besonderem Interesse ist es aber, den Akt zu belauschen, wenn sich an einem über den Wasserspiegel emporragenden Stengel das häßliche Wasserthier in eine schlanke buntfarbige Libelle verwandelt,...(S. 56 ff.)"
...noch alles relativ neutral und emotionslos.
3. Das Süßwasser=Aquarium. Die Flora und Fauna des Süßwassers und ihre Pflege im Süßwasser=Aquarium. Von Dr. E. Bade. Mit 12 Farbtafeln, 30 Schwarztafeln und 610 Textabbildungen nach Zeichnungen, Photographien und Mikrophotographien des Verfassers. Dritte vollständig, umgearbeitete und vermehrte Auflage mit einem Anhang über das Mikroskop. Berlin, Fritz Pfennigstorff, Verlag für Sport und Naturliebhaberei, 1909:
""Maske" ist daher auch nur sein Name. Aber nur, wenn sich die Larve in Ruhe befindet, liegt die Mase still, fast harmlos da; erblickt unser Tier aber eine Beute, z.B. die Larve einer Eintagsfliege, so wird mit unglaublicher Geschwindigkeit die Maske an einem langen, hebelartigen Arme vorgeschnellt, die vordere Partie klappt auseinander und läßt jetzt zwei sehr bewegliche, säbelförmige Spitzen sehen, welche sich tief in das ergriffene Opfer hineinbohren, so von vorherein jedes Entkommen unmöglich machend; die Larve hat jetzt in Wahrheit "ihre Maske fallen" lassen und zeigt jetzt ihr wirkliches Gesicht. Die beiden Kiefernpaare beginnen nun ihre Arbeit, durchbohren den Chitinpanzer der Beute und dringen immer und immer in deren Weichteile, so daß diese bald zerkleinert und zerkaut sind; nach kurzer Zeit schon ist vom Opfer, resp. dem Feinde, nichts anderes mehr übrig als ein leerer Chitinsack, der im Wasser zu Boden sinkt; alle weichen, verdaulichen Teile sind dem schier unersättlichen Magen der Libellenlarve einverleibt. Jetzt putzt sich die Larve ihre Mundwerkzeuge mit den Füßen, kriecht langsam und träge an einer Wasserpflanze hin, scheinbar nur mit ihrer Verdauung beschäftigt - und hat doch im nächsten Augenblicke ein zweites Opfer mit ihren Zähnen ergriffen und halb getötet (S. 695f.)".
4. Zerneckes Leitfaden für Aquarien= und Terrarienfreunde, 1913:
"Auf sechs langen Beinen bewegen sie ihren bereits deutlich gegliederten Körper über den Boden des Tümpels fort, um hier und da mit der zu einem vorstreckbaren Fangarm - der Maske - umgebildeten Unterlippe kleine Wasserbewohner zu erhaschen. Die sehr gefräßigen und räuberischen Larven tragen schnell zur Vernichtung der Bewohner eines Aquariums für niedere Tiere bei; in einem mit Fischen besetzten Aquarium sind sie niemals zu dulden.
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Ihre Haltung ist sehr zu empfehlen. Die Art und Weise wie sie ihre Beute beschleichen und durch plötzliches Vorschnellen ihrer Fangmaske erhaschen, bietet viel interessanten Beobachtungsstoff.
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Die Haltung und Pflege ist leicht, denn jeder Behälter ist ihnen recht, zudem können sie auch, wenn`s an Futter fehlen sollte, recht lange hungern (S. 206)."
Also, auch unsere Altvorderen hatten schon ihre "Probleme" mit diesen Tierchen! Und das sie leicht zu halten sind, können alle Betroffenen wirklich bestätigen...
Soviel für jetzt...
Gruß
Erich