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Erfahrungen mit Caridina spec. "Kardinalsgarnele"

Niku

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Garneleneier
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Hi alle zusammen!

Nachdem der Sulawesi-Thread aus allen Nähten platzt und ich seit Freitag ebenfalls stolzer Besitzer einiger C. spec. "Kardinalsgarnele" bin, wollte ich hier mal anfangen, meine Erfahrungen mit den Tieren und meine Beobachtungen festzuhalten und möchte auch alle anderen Halter einladen, hier mitzumischen, damit ein reger Erfahrungsaustausch zustande kommt!


Zuerst ein kurzer Abriss über den Fundort:
Die Tiere stammen aus dem Matano-See auf Sulawesi, Indonesien. Der Matano-See gehört zum Malili-Seensystem, von dem man vermutet, dass es vor ca. 5 - 10 Millionen Jahren zusammen mit der Insel Sulawesi entstand. Interessant ist, dass die in den Seen endemischen Arten der Sulawesi-Regenbogenfische (Telmatherinidae) anscheinend marinen Ursprungs sind.
Es wäre also denkbar, dass bei der Entstehung der Insel und der Seen zunächst Meerwasser im Landesinneren eingeschlossen wurde und quasi ein Binnenmeer entstand, das dann durch Zufluss von Süßwasser langsam seine Salinität verlor und zum Süßwassersee wurde. Dies könnte bedeuten, dass die endemischen Garnelenarten sich separat von anderen Caridinen aus marinen Arten entwickelt haben.

Das Wasser im Matano-See (und in den anderen Malili-Seen) ist recht weich und gleichzeitig alkalisch. Im Matano-See liegen GH und KH jeweils unter 2 °dH, die elektrische Leitfähigkeit beträgt 200 - 300 µS/cm, der pH-Wert liegt zwischen 7,8 und 8,5.


Hier steckbriefartig das Becken, in dem ich meine Tiere halte...
Maße: 50 x 40 x 30cm
Bruttovolumen: 60 L
Nettovolumen (tatsächlich eingefüllt): 46 L
Technik: Schwammfilter (Luftheber) betrieben mit Elite 799, Fluval-Heizer 100 W, Dennerle-Bodenfluter 10 W
Beleuchtung: 24 W Kompaktleuchtstoff mit Tageslichtspektrum
Einrichtung: Islandlava, Moorkienholz, schwarzer Quarzsand, Buchenlaub
Bepflanzung: Egeria najas, Hygrophila corymbosa, Myriophyllum hippuroides und M. tuberculatum, Najas guadaloupensis

... und die momentanen Wasserwerte:
Temperatur: 28 °C
elektrische Leitfähigkeit: 401 µS/cm (soll noch weiter runter)
Gesamthärte: ~ 3,3 °dH
Karbonathärte: ~ 3,3 °dH
pH-Wert: 8,0


Ich hab mir beim Umgewöhnen der Tiere ca. 3 Stunden Zeit gelassen und sie schlückchenweise an die veränderten Werte gewöhnt. Im Transportwasser vom Importeur habe ich eine LF von 778 µS/cm und einen pH-Wert von 8,6 ermittelt.
Es gab bei der Umgewöhnung keinerlei Probleme und bisher keine Verluste.

Die Tiere sind sehr aktiv und machen einen guten Eindruck, d.h. sie sind ununterbrochen im Becken unterwegs, fressen Mulm und Heilerde und weiden die Oberflächen ab. An anderes Futter gehen sie bisher kaum, weshalb ich diverse Futtersorten bzw. Futtermittel, die sich bei anderen Arten bewährt haben, durchprobiere.
Das Einzige, was bisher ihre Aufmerksamkeit erregen konnte, war reines Spirulina-Pulver.

Neben der wirklich spektakulären Färbung zeigen die Tiere auch einige interessante Verhaltensweisen:
Sie leben zwar bei mir nicht sehr versteckt, reagieren aber stark auf optische Reize, d.h. wenn ich mich dem Aquarium nähere, erstarren sie abrupt oder ziehen sich in den Schatten eines Blattest etc. zurück. Wann ich dann eine Zeitlang bewegungslos vor dem Becken warte, kommen sie bald wieder heraus und fressen weiter. Außer bei C. gracilirostris konnte ich bisher noch bei keiner Garnelen feststellen, dass sie auf Objekte außerhalb des Aquariums reagiert.
Außerdem sind die Tiere in der Lage, vorwärts, rückwärts und seitwärts zu laufen (s. weiter unten). Beim Abweiden von Oberflächen laufen sie nicht kontinuierlich vorwärts, sondern mehr schrittweise, d.h. sie laufen ca. eine halbe Körperlänge, bleiben dann kurz stehen, laufen wieder eine halbe Körperlänge etc. Es ist schwer zu beschreiben, aber die Bewegungen erscheinen nicht willkürlich, sondern als gehörten sie zu einem festen Ablauf, denn die Intervalle sind immer exakt gleich lang. Die gleiche Art der Fortbewegung beim Abweiden konnte ich auch schon rückwärts beobachten.

Auch morphologisch kann man schon mit bloßem Auge einige interessante Dinge erkennen:
Anders als man bei Arten aus ruhigen Gewässern erwarten würde, sind die Pleopoden (Schwimmbeine) sehr klein und wenig ausgebildet. Die Tiere bewegen sich auch praktisch nie schwimmend fort, sondern "laufen" sehr schnell und geschickt über alle möglichen Oberflächen. Dies wird ihnen von den langen und schlanken Peraeopoden (Schreitbeinen) ermöglicht, deren Anordnung mehr noch als bei anderen Caridinen an die Beine einer Spinne erinnert und auf denen die Tiere höher über dem Boden stehen als andere Caridinen, die ich kenne. Die Tiere sind außerdem in der Lage, sowohl rückwärts als auch seitwärts zu laufen, eine Fortbewegungsart, die ich bisher bei keiner anderen Süßwassergarnele beobachten konnte und die, wie ich finde, eher an marine Arten erinnert.
Der Schwanzfächer ist nur schwach ausgebildet und ich konnte bisher nicht ein Mal beobachten, dass die Tiere ihn zur Rückwärtsflucht eingesetzt hätten, vermutlich, da sie auch "zu Fuß" beachtlich schnell werden.
Die Maxillipeden (Kieferfüße) sind sehr lang und werden anscheinend mehr zum Laufen als zum Festhalten des Futters benutzt.
Die Antennulae (erste Antennen) sind recht kurz, die Antennae (zweite Antennen) sehr lang, schätzungsweise drei bis viermal so lang wie der Körper. Mit ihnen wird ununterbrochen die Umwelt erkundet und auch "um die Ecke" getastet.

So, das waren im Großen und Ganzen die Beobachtungen, die ich bisher machen konnte.

Zum Schluss noch ein paar Fotos. Bitte entschuldigt die nicht ganz so gute Qualität! Ich denke, man bekomm trotzdem einen ganz guten Eindruck von den Tieren...






Liebe Grüße und bis bald,
Dario
 
Hey,
super, vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht!
Halte uns auf dem laufenden!!!
 
Hey Chris und Brigitte!

Danke euch für das positive Feedback! :)

Seit gestern gibt es natürlich nicht viel Neues zu berichten, aber heute morgen gab's doch 'ne kleine Überraschung, über die ich mich gefreut habe: Ich hab zwei Exuvien im Becken entdeckt.
Die Häutung scheint ihnen also schon mal keine Probleme zu machen...

Außerdem hab ich heute zum ersten Mal Wasser gewechselt. Ich habe 1/3 des Wassers ausgetauscht, wobei die Temperatur kurzzeitig auf knapp 24°C abgesunken ist, was den Tieren aber anscheinend nichts ausgemacht hat.

Liebe Grüße und bis bald!
Dario
 
Hallo Dario,

ein wirklich interessanter und vor allem sehr gut recherchierter Bericht über die Tiere. Sehr schön mal sehr viele Informationen kompakt an eine Stelle lesen zu können. Hut ab und weiter so.

Mich würde man eine Gesamtansicht deines Beckens interessieren.
 
Hi Dario,

sehr interesant,vielleicht erklärt sich damit auch,warum es meinen Schnecken,Tylomelania towutensis,nichts ausmacht bei mir im Brackwasser zu leben.Ich schließe jetzt einfach mal daraus,dass sich dann auch die Schnecken aus diesem Seensystem aus Meeresschnecken heraus entwickelt haben könnten.
 
Hi ihr beiden!

@ Stephan:
Danke dir für das Lob! :D
Das Foto mit der Gesamtansicht des Beckens mach ich dann morgen mal, wenn ich dazu komme...

@ Heike:
Bitte missversteh mich nicht, dass die Tiere dort sich aus marinen Arten entwickelt haben könnten, heißt nicht, dass sie höhere Salzgehalte im Wasser vertragen!
Im Gegenteil, die Tiere haben sich über Jahrmillionen an das Wasser in den Malili-Seen angepasst und z.B. bei Tylomelania-Arten ist es so, dass sie härteres Wasser z.T. nicht so gut vertragen und etwas "schlapp" sind.

Die Schnecken, die unter dem Namen "Tylomelania towutensis" im Handel aufgetaucht sind, sind in Wirklichkeit auch gar keine Tylomelanias, sondern gehören möglicherweise zur Gattung Cerithidea, welche Mangrovenschnecken sind.
Es gibt im Aquarienschnecken-Forum einen Beitrag über die Tiere. Guckst du hier!

Liebe Grüße,
Dario
 
Hi Dario,

ich hab dich da schon richtig verstanden,keine Sorge.Meine Schnecken leben bei 15g Meersalz/l .
Diese Schnecken wurden ja wohl von einem Großhändler aus Köln direkt aus Sulawesi aus dem Towuti-See mitgebracht.Meiner Kenntnis nach hat dieses Seensystem keinen Zugang zum Meer,daher kann es dort direkt auch keine Mangrovensümpfe mit Brackwasserzonen geben.
Aber das wird jetzt hier off Topic und ich will diesen schönen Thread nicht kaputt machen. Wir können da ja per PN drüber diskutieren oder beim nächsten Stammtisch in Köln. ;)
 
Moin Dario,

klasse Bericht, sehr schön zusammen gestellt, langsam sollte man
echt den sulawesi-bericht auseinandertüdeln, damit die einzelnen
arten besser beschrieben werden können, sehr gute idee von dir:)

wie machst du das mit den wasserwerten, das die weich und alkalisch
sind?

schöne grüße

chris
 
Hi alle zusammen!

@ Heike:
Oki, dann schreib ich dir mal 'ne PN, sobald ich dazu komme, damit wir ein bisschen diskutieren können! ;)

@ Chris:
Danke für das positive Feedback! :)
Um die volle Kontrolle über die Wasserwerte zu haben, benutze ich Osmosewasser, das ich mit einem Aufhärtesalz von Dennerle mit vollem Ionenspektrum (GH, KH und Spurenelemente) auf eine LF von ca. 200 µS/cm bringe, was laut Hersteller einer GH von 2,9 °dH und einer KH von 1,9 °dH entspricht. Dann erhöhe ich mit Natriumhydrogenkarbonat (daraus bestehen alle gängigen KH/pH-plus-Mittelchen) die KH auf ca. 3,1 °dH. (Die Werte weichen leicht von den Werten weiter oben ab, da ich versuche, mich langsam an eine immer niedrigere Leitfähigkeit von unter 300 µS/cm heranzutasten.)
Unter 2 °dH würde ich bei der KH nicht gehen, da das Wasser sonst instabil werden könnte, d.h. der pH-Wert könnte sich schnell in den sauren oder stark alkalischen Bereich verschieben. (Die KH puffert den pH-Wert.)
Zusätzlich zur Veränderung der Wasserwerte habe ich einen Luftheber im Einsatz, der das CO2 austreibt, und ich beleuchte ganz gut und habe nur Pflanzen im Becken, die bei CO2-Mangel trotzdem weiter Photosynthese betreiben und das CO2 aus dem HCO3 (Hydrogenkarbonat = KH) beziehen. Hierbei werden OH-Ionen frei, die mit den Kalziumionen (Ca) im Wasser weiterreagieren zu Ca(OH)2 (Kalziumhydroxid), welches stark alkalisch ist und den pH-Wert erhöht. Kommt dieses mit CO2 in Berührung, reagiert es weiter zu CaCO3 (Kalziumkarbonat = Kalk) und H2O.
Man nennt diesen Vorgang biogene Entkalkung, da dabei die Menge der gelösten Kalziumionen und die KH verringert werden und Kalk auf den Blättern der Pflanzen ausfällt.
Ich vermute, dass dieser Prozess auch in der Natur für die extremen Wasserwerte, d.h. geringe KH, hoher pH, verantwortlich ist.

Bei mir schwankt der pH-Wert momentan leicht zwischen 7,7 und 8,0, aber ich teste immer noch, wie sich das Wasser entwickelt, und werde um regelmäßiges Messen wohl nicht herumkommen, denn durch die biogene Entkalkung kann bei geringer KH der pH-Wert durchaus in Bereiche um die pH 9 ansteigen...

So, zum Abschluss noch eine Gesamtansicht des Beckens. Es sieht noch etwas kahl aus, aber die Pflanzen kommen so langsam...


[edit] Und noch ein Schnappschuss, der mir gerade gelungen ist, als eins der Tierchen an der Frontscheibe posierte. Es ist eins der kleineren Tiere - ich vermute ein Männchen. Die Größe beträgt nur ca. 1,3 cm.



Liebe Grüße!
Dario
 
Hallo Dario,

toller Bericht!:hurray: Und super schöne Fotos.

Wie sieht das jetzt eigentlich mit der Fährbung aus. Sind die Tiere jetzt alle von schwarzer Grundfarbe auf rote Grundfarbe umgestiegen?

Mfg Finn
 
Kommt mir das nur so vor, oder ist die Garnele auf Nikus Foto besonders Rot im Vergleich zu den bisher abgebildeten Tieren? Gibt es da verschiedene Unterarten bzw. Farbschläge?

Gruß
Ulrike
 
Hallo Ulrike

hast das schon richtig gesehen. Bei der Kardinalsgarnele geht es von dunkelweinrot bis zu einem hellweinrot.

Mfg
Mura
 
Mura,

danke für die schnelle Antwort. Nächste Frage:

Die gleiche Garnele, die nur unterschiedlich ausfällt? Oder unterschiedliche Fanggebiete?

Gruß
Ulrike
 
Mura,

danke für die schnelle Antwort. Nächste Frage:

Die gleiche Garnele, die nur unterschiedlich ausfällt? Oder unterschiedliche Fanggebiete?

Gruß
Ulrike

Ulrike,
da kann der Lars sicher mehr sagen müssen wir warten bis er das sieht.

Mfg
Mura
 
Hallo Dario,

wirklich ein sehr guter Bericht! Vor allem nicht einfach "hingeklatscht" sondern gut recherchiert.

LG
Kerstin
 
Hi alle zusammen!

@ Kerstin & Finn:
Danke euch für das Lob! Ich freu mich, dass euch der Beitrag gefällt! :)

Leider scheint keiner der anderen Halter Interesse daran zu haben, seine Erfahrungen und sein Wissen hier mitzuteilen, so dass hier nur mein Input einfließt...

Ich werde diesen Thread fortführen, wenn ich Neues zu berichten habe.

Liebe Grüße,
Dario
 
Hallo Dario,

gibt es was Neues bei deinen Kardinälen? Ich habe den Thread hier mit großem Interesse verfolgt und wie anderswo erwähnt, pflege ich ja inzwischen auch ein Gruppe dieser wunderschönen Garnelen. Würde mich auch sehr über einen Austausch von Infos und Erfahrungen freuen.

Ich halte die Garnies in einem 30l Aquaart Becken, eingerichtet mit schwarzem Sand, relativ großer Mangrovenwurzel, kleinem Lavastein (den sie bislang völlig ignorieren), 2 kleinen Echinodorus, Moos, Monosolenium und Nixkraut. Der absolute Lieblingsplatz ist die Wurzel. Nur selten machen die Tiere mal einen weiteren Ausflug. Im Becken sind noch einige TDS und 4 kleine Tylomelania. Gefiltert wird über einen Maximal Biofilter, der gleichzeitig noch etwas Luft ins Becken blubbert.

Wasserwerte liegen bei
T=28°C (relativ konstant, abends nach langer Beleuchtung auch mal 29°C)
pH=8,2
Leitfähigkeit: um die 350µS
KH=4
GH=5

Ich pansche mein mittelhartes Leitungswasser ca. 1/3 zu 2/3 mit Osmosewasser und bringe den pH mit pH Plus dann auf den gewünschen Wert.

An Futter habe ich jetzt auch verschiedenes ausprobiert. Wirklich gierig ist diese Art ja nun nicht unbedingt - auch wenn sie den ganzen Tag über Boden und Wurzel mit ihren weißen Scheren abgrasen. Offenbar finden sie dort genügend Leckereien.

Anbei noch ein paar Bilder.


Viele Grüße
Astrid
 

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Hi,

welche Erfahrungen habt ihr mit der Tragezeit machen können?

Meine drei Weiber; zu lesen hier; haben am 26/27 Jan 08 angesetzt und gestern haben wir die ersten Jungtiere gesichtet. Das wäre eine Tragezeit von 2 Wochen. Erstaunlich aber angesicht der hohen Temperaturen erklärbar.

Hier mal ein Bild des ausstehenden Wurfs.
 

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@ Dario : Hi, bin eben das 1. Mal in diesen Post "reingestolpert" und muß einfach mal ein ganz dickes Lob für deinen wirklich guten Bericht loswerden.

@ Astrid : Prima Bilder !

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