Hallo,
ich habe lange überlegt, ob ich hier etwas schreibe, da die Diskussion sich, meiner Meinung nach, eher um eine Überzeugungsfrage, als um harte Fakten dreht.
Hier wird mit Masse nach einem Antibiogramm verlangt. Leider ist das nicht zielführend, und wenn man versteht, was die Aufgabe eines Antibiogramms ist, sollte auch klar sein, warum das hier nicht funktionieren kann.
Wenn ich bei einem Patienten ein Antibiogramm mache, so verfolge ich damit die Absicht herauszufinden, auf welches Antibiotikum der Keim, welcher für das Krankheitsbild verantwortlich ist, eine Sensibilität besitzt.
Die Kausalität besteht hier darin, dass ich im Regelfall eine recht gute Vorstellung habe, welcher Keime/welche Keime meine Zielgruppe darstellen. Und hier setzt das Problem im Aquarium an:
In einem anderen Thread wurden in 2014 mal die Untersuchungsergebnisse von Garnelen veröffentlicht, leider ohne daraus etwas zu schlussfolgern.
Gefunden wurden damals coryneforme Bakterien und Aeromonas hydrophila. Die Gruppe der coryneformen Bakterien ist sehr umfangreich, da es sich hierbei noch um eine rein morphologische Beschreibung und Klassifikation aus den Anfangstagen der Mikroskopie und Mikrobiologie handelt. Letztendlich sagt die Klassifikation aus, dass das Bakterium im mikroskopischen Bild keulenförmig ausschaut. Das tun aber sowohl die namensgebenden Corynebakterien, als auch noch ein paar andere Bakterienarten. Hier sei vielleicht mal der Lactobacillus als prominentes Beispiel genannt.
Ähnlich sieht es bei Aeromonas mit seinen verschiedenen Unterstämmen aus.
Gleichzeitig hat das Labor im damaligen Befundbericht betont, dass es sich bei den festgestellten Bakterien um ubiqitär vorkommende Bakterien handelt, die im Regelfall nicht pathogen sind, dies aber unter bestimmten Bedingungen werden können. Viele von ihnen leben in unserem Verdauungstrakt oder auf unserer Haut, sind also immer vorhanden und somit auch im Aquarium.
So, spätestens jetzt kommen wir zu der Frage, welches Bakterium denn nun der Schuldige für unsere kranke Garnele ist? Die Antwort ist so einfach, wie ernüchternd: Wir wissen es nicht. Für welches Bakterium muss ich denn nun ein spezifisch wirksames Antibiotikum gem.Antibiogramm auswählen? Die gleiche Antwort: Wir wissen es nicht.
Die nächste Frage wäre dann noch, wie gewinne ich denn die Probe für das Antibiogramm? Und wo gewinne ich sie? Am Kopf, am Schwanz, innen? Tote Garnele, lebende Garnele? Wenn die Bakterien doch ubiquitär sind, wie kann ich sicher sein, dass die Keime nicht durch Kontamination auf den Shrimp gekommen sind und sich dann erst vermehrt haben?
Damit sollte deutlich werden, dass es uns nicht möglich ist, aus einem Antibiogramm eine sinnvolle Aussage zu gewinnen, da wir a) nicht wissen können welches der krankmachende Keim ist und b) wir ohne klares Probenentnahme-Protokoll niemals sagen können wann und wie möglicherweise gefundene Bakterien auf den Shrimp geraten sind, bzw. ob sie sich dort erst nach seinem Ableben vermehrt haben.
Unterm Strich kommt man also vom Breitbandantibiotikum im vorliegenden Fall nicht runter.
Damit müssen aber auch die Diskussionpunkte anders bewertet werden, denn die Fragestellungen, auf die in der Diskussion möglicherweise eine Antwort gefunden werden kann sind nun anders:
Die erste Frage, ob man Antibiotika überhaupt im Garnelenbecken einsetzt, ist sicherlich eine EInzelfallentscheidung, die nicht einfach zu treffen ist:
Wenn wir nicht genau wissen, was da die Garnelen erkranken lässt (ubiquitäre Bakterien), dann können wir auch nicht wissen, warum das geschieht. Gemeinhin wird immer angenommen, dass schlechte Beckenhygiene,Baktereinunverträglichkeit etc. die Ursache sind. In der Medizin gibt es das Konzept vom abwehgeschwächten Wirt, welches im Grunde besagt, dass das Immunsystem und seine Leistungsfähigkeit keine festgeschriebene Größe sind und je nach Lebenssituation variieren können. Wir deine abwehrgeschwächte Garnele also vielleicht auch in einem gut gepflegtem Becken krank? Ich denke schon.
Somit ist eine Kausalität für das Problem nicht wirklich zu ermitteln. Dann wirds aber auch schwierig zu sagen, dass Erkrnakungen immer auf Haltungsfehler zurückzuführen sind und der Halter der Verursacher ist.
Also scheint die Frage AB ja oder nein lediglich als Frage der persönlichen Überzeugung/Einstellung zu beantworten sein, wenn es sich auf den Einsatz im Garnelenbecken bezieht. Wir haben einfach zu wenig Fakten für eine evidenzbasierte Antwort.
Somit muss jeder für sich wissen, ob er eine Anwendung von AB bei seinen Garnelen in Betracht zieht und verantworten kann. Diese Frage kann aber auch der Thread sicher nicht beantworten.
Andere Fragen hingegen schon:
Wenn ich mich für ABs entscheide
1. Wie dosiere ich sinnvoll?
2. Wie halte ich die notwendige Gesamtdosis möglichst gering?
3. Wie lange wende ich das MItel an, damit es nicht zu Schäden durch Nebenwirkungen kommt?
4. Wie entsorge ich das Abwasser möglichst sinnvoll?
5. Welche krnakheitsprophylaxe betreibe ich zukünftig?
Die sind praktische Fragen, wo auch gewisse Fakten vorliegen, die man auswerten kann und somit auch belastbare Antworten im Bereich des Möglichen liegen.
VG vom Himalaya
Yeti