Ich hab zwar keine Ahnung von Garnelen, muss aber trotzdem was dazu sagen.
Inzucht und Inzucht sind immer 2 Paar Schuhe.
Ob Inzucht negative Auswirkungen auf die Nachkommen hat, hängt von der genetischen Zusammensetzung der Gründertiere ab. Tragen diese viele "problematische" rezessive Allele in heterozygoter Ausprägung, so reichert man sich mit Inzucht Homozygotien solcher Allele an und die Probleme werden immanent. Sind die Gründertiere arm an oder nahezu frei von solchen "Defektallelen" , gibt es auch keine Inzuchtdepression.
Wie der genetische Zustand der Elterntiere ausschaut hängt von mehreren Faktoren ab, deren wichtigste zwei ich nennen möchte:
1) Zufall. Es ist nunmal zwangsläufug zufällig, welche Individuen einer Population zum Beginn eingesetzt werden und entsprechend zufällig verteilen sich die in der Population vorhandenen "problematischen Allele" auf diese Tiere.
In der Evolutions und Populationsbiologie bezeichnet man diesen unkalkulierbaren Gründereffekt auch als Gendrift: Die Häufigkeit bestimmter Alelle bei den Nachkommen dieser Gründer über mehrere Inzuchtgenerationen wird eine andere sein, als in der Ausgangspopulation, der die Gründer entstammten-die Häufigkeiten "driften".
2) Evolutive Historie der Art. Eine evolutionsbiologisch "junge" Art, die vor erdgeschichtlich kurzer Zeit durch einen Populationsengpass gehen musste, wird seitdem weitaus weniger "problematische Allele" angereichert haben, als eine "alte" Art. Von den alten Arten werden diejenigen, die in Populationen mit hoher Individuenzahl und Dichte leben, mehr "problematische Allele", aber eben auch mehr genetische Vielfalt und somit Anpassungspotential mitbringen als die Arten mit kleinen Populationen.
Am unbesorgtesten kann man daher mit "jungen" Inselarten Inzucht betreiben. Die haben in ihrer Inselsituation eh nur überlebt, weil ihre genetische Ausstattung Inzucht zuliess und alles wirklich gefährliche wurde auf diesem Weg bereits von Mutter Natur ausselektiert.
Inzucht bedeutet letztlich immer Verarmung genetischer Vielfalt und die Suche nach möglichst wenig verwandten Partnern macht allein daher durchaus Sinn.
Schädlich für Nachkommen, die unter kontrollierten Bedingungen leben sollen, muss sie aber durchaus nicht sein.
Ich denke bei den Garnelen ist es vor allem wichtig, nur 100% vitale und fitte Tiere zur Nachzucht zu verwenden. Wenn man das beachtet, kann man manchmal sogar Inzuchtempfindliche Arten über aufgrund mangelnder Tiere nötige Inzuchtphasen retten. Nötig ist dazu allerdings eine recht hohe Vermehrungsrate der Tiere.
Also ich gehe davon aus, wenn man nur nach Aussehen selektiert, was bei Hochzuchtgarnelen ja betrieben wird kann es früher oder später zu einer Inzuchtdepression kommen.
Wichtig sollte bei Zuchtversuchen immer sein, nicht nur nach Aussehen auszuwählen sondern auch nach Vitalität.
Soweit ich gelesen habe scheinen Red Bees etwas empfindlicher als CR zu sein und produzieren kleinere Eier - dies könnte:
a) eine Auswirkung einer rein nach optischen Gesichtspunkten betriebenen Inzucht sein
b) aber auch eine spezifität der Hybridisierung.
Wenn man also Linienzucht betreibt sollte man immer auch nach Vitalität selektieren und nicht allein nach der Optik - die alleinige optische Selektion trägt immer die Gefahr in sich, dass es zu Problemen kommt.
Allso zeigt ein selektierter Stamm eine höhere Krankheitsanfälligkeit, Veränderungen im Verhalten, Lebenserwartung, Reproduktionsfreudigkeit etc. dann sollte man versuchen "frisches Blut" einzukreuzen, selbst wenn man dafür in Kauf nimmt, dass die optische Qualität darunter leidet.
Ich denke wenn man das beachtet, dann kann man ruhig Inzucht betreiben.
Falls es bei den Red Bees soweit sein sollte, dass man eine dauerhafte Zucht nur durch die Zugabe von Antibiotika aufrecht erhalten kann, dann ist man hier sicherlich schon in einer problematischen Ecke angelangt!