Ja ich habs ja schon gehört aber ich frage mich ja was die Kleinen umbringt den keine 15 km entfernt von mir hält mein Freund die in Leitungswasser klar tut er die "üblichen Mittelchen" gegen Chlor, Schwermetalle und co. aber ansonsten läufts und ich würde gern wissen was den genau der Killer im Leitungswasser ist?
Moin,
die "Killer" sind die Stoffe, die aquaristisch nicht messbar sind und/oder fast nie gemessen werden und deshalb im "Wasserverständnis" der meisten Aquarianer gar nicht vorkommen...
Das können Stoffe sein, die schon aus der jeweiligen Quelle (Grundwasser-Tiefbrunnen etc.) des Versorgers kommen: Pestizide, Herbizide, Dünger... im Wesentlichen Substanzen aus der Landwirtschaft. Diese Stoffe sind im sehr guten deutschen Trinkwasser nur in Spuren vorhanden und für den Menschen absolut unschädlich in diesen niedrigen Konzentrationen. Für Wasserorganismen - insbesondere die empfindlichen Hochzucht- oder Sulawesi-Garnelen - kann das aber schon ausreichen.
15 km sind schon relativ weit. Hier in Frankfurt kann man schon ein paar Häuserblocks weiter ein anderes Wasser haben. Du kannst Dich ja mal bei Deinem Versorger erkundigen, ob Dein Freund und Du das selbe Wasser bekommen...
Es gibt auch nicht
das Leitungswasser, welches in aquaristischen Foren immer postuliert und lediglich in hart und weich eingeteilt wird. Trotzdem schreiben immer noch genug Leute:
"Ich habe GH x, KH y und pH z. Genau wie im Habitat, dann müsste das ja bei mir funktionieren..."
Das ist aber leider ein Irrtum! Selbst im aquaristisch messbaren Bereich sind diese 3 Werte nur ein Teil der ausschlaggebenden Parameter. Viele messen nicht mal mehr den NO3-Wert des Leitungswassers, obwohl der sogar in Deutschland bis zu 50mg/l betragen kann.
Ein weiterer wichtiger Faktor: Silikat. Wer sich mit dem Thema Meerwasser befasst - und das sollte man zur Horizonterweiterung ruhig machen... Stichwort "Wodkamethode" weiter oben - der weiß um den möglichen, negativen Einfluss des Silikats auf das System Aquarium. Silikat führt zu Wachstum von Kieselalgen, welche am Anfang der Nahrungskette stehen und im Meerwasser vor allem als Nahrung für weitere Mikroalgen gefürchtet sind. Das geht soweit, daß man dort Wasser aus der Osmoseanlage nochmal durch ein Mischbettharz schickt, um die Silikatreste zu entziehen.
Aber auch anderen Organismen dienen die Kieselalgen als Nahrungsgrundlage, was die Keimdichte durchaus fördern kann.
In vielen Leitungswässern in Deutschland sind die Silikatwerte relativ hoch und weit jenseits einer geringen Konzentration von ~0,5mg/l...
Hier z.B. ist der Wert jenseits der 6mg/l, der JBL-Tropfentest färbt sich tiefblau. Die meisten Versorger machen in der Analyse zum Silikat leider keine Angabe, es lohnt sich also durchaus, selber mal nachzumessen.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß auch in den Hausleitungen Gefahren lauern können wie z.B. Kupfer- und Bleirohre, abgestandenes Wasser etc.
Diese Gefahren lassen sich aber durch "Laufenlassen" des Wassers vor dem Entnehmen und einen Wasseraufbereiter weitgehend ausschalten.
Fazit: GH, KH und pH sind wichtig, aber noch längst nicht alles! Zwei Leitungswässer, bei denen diese 3 Werte identisch sind, können sich ansonsten sehr unterscheiden.
Auf dem Hintergrund dieses Verständnisses ist die Frage nach der Haltung von Kardinalsgarnelen in Leitungswasser auch obsolet. Mann könnte fragen, ob Kardinäle z.B. im Leitungswasser eines bestimmten Dorfes oder Stadtteils funktionieren. Da dies aber wie gesagt von vielen, aquaristisch eben gar nicht messbaren Werten abhängt, wird nur der Versuch ein Ergebnis bringen. Dieser Versuch fällt dann eben - wie zuvor schon geschrieben - bei weit über 90% der Leitungswässer negativ aus.
Last but not least: Wasser aus einer Leitung, welches funktioniert, kann dies innerhalb weniger Stunden schon nicht mehr tun... es wurde schon geschrieben: viele Versorger nutzen Mischwasserbrunnen, sprich es werden verschiedene Wässer in veränderlichen Anteilen eingespeist.
Einen dauerhaften Erfolg wird man bei empfindlichen Arten aufgrund dieser ganzen Unwägbarkeiten immer nur mit einer absolut zuverlässigen Wasserquelle erhalten. Dies kann auch Leitungswasser sein, wenn man beispielsweise Wasser aus einer Talsperre erhält, oberhalb derer keine Landwirtschaft stattfindet und auch ansonsten keine Mischwassereinspeisung bekommt. Das kann auch Wasser aus einer Quelle sein, aus der man sich vielleicht das Wasser in Kanistern abfüllt. Ich kenne ein paar Leute, die das tun. Hier in Taunus, Odenwald, Spessart und Rhön gibt es einige geeignete Quellen.
Die einfachste und am besten verfügbare Methode ist aber sicher eine Osmoseanlage oder dest. Wasser aus dem Baumarkt, welches man aufhärtet. Bei Sulawesi-Garnelen - auch das wurde hier schon erwähnt - funktioniert zum Aufhärten eigentlich nur das Sera-Salz und die neuen Salty-Shrimp Sulawesi-Salze. Es gibt auch andere Methoden wie die von Enrico, die aber wieder aufwendiger sind (2 Stoffe zufügen statt nur einem).
Ich hoffe, das bringt etwas Licht ins Dunkel. Es gibt nicht
ein Leitungswasser, es gibt alleine in Deutschland tausende verschiedene Leitungswässer. Alle sind für den menschlichen Verzehr geeignet, aber noch lange nicht als Hälterungswasser für Zwerggarnelen aus einem tropischen Klarwassersee
Grüße,
Bernhard