Noch eine Story zu diesem Weibchen:
Vor ungefähr 4 Wochen lag sie regungslos in einer schlecht erreichbaren dunklen Ecke hinter einem Stein. Also habe ich mir eine gekrümmte Pinzette genommen und konnte sie damit berühren, worauf sie sich bewegte und sich das Dilemma, in dem sie sprichwörtlich steckte, offenbart hat. Die Häutung verlief nicht wie vorgesehen. Vorsichtig zog ich mit der Pinzette an einem abstehenden Stück Exuvie. Großer Fehler in dieser Lage! Madame zuckte heftig, worauf ich mich leicht erschrocken habe und just in dem Moment mit der Pinzettenspitze gegen die Scheibe kam, als sich die Dame, immer noch in ihrer alten Haut steckend, zwischen Pinzette und Scheibe geschmissen hat.
Operation gelungen, Patient tot. Dachte ich. Die Pinzettenspitze rammte sich seitlich unter den Carapax, bog ihn auf und verletzte die Dame offensichtlich schwer. Erst schoss sie noch quer durchs Becken. Sichtlich entkräftet humpelte sie dann mit starker Schlagseite über den Kies. Die linke Beinreihe bewegte sich fast nicht mehr, wurde praktisch nur noch mitgeschliffen. Der alten Haut entledigt, zeigte sich schnell ein weiteres Problem. Das Rostrum war nach unten verbogen und alle Fühler hatten Biegungen. Ihr Körper fing demnach noch in der alten Exuvie an auszuhärten und musste sich den Widrigkeiten förmlich anpassen. Es dauerte nicht lange, bis sie die Nahrungsaufnahme wieder aufgenommen hatte, wodurch sich das nächste Dilemma zeigte. Ihre Fresswerkzeuge funktionierten nur langsam. Spätestens da habe ich nicht mehr an eine Heilung der multiplen Schäden geglaubt. Aber sie schleppte sich wacker und wackelnd durch die nächsten Tage.
Meine Zweifel waren: Kann sie noch ausreichend Nahrung aufnehmen? Ist sie derart ramponiert noch in der Lage, ihren Körper ausreichend zu pflegen? Wird die nächste Häutung, sofern sie noch so lange überleben sollte, zum endgültigen Todesstoß? Und überhaupt, sind die ganzen Schäden in Summe und über die Zeit nicht unabwendbar lethal?
Garnelen müssen unglaublich zähe Biester sein! Eine Häutung später sieht man fast nichts mehr von den Schäden. Alle Beine sind nahezu uneingeschränkt beweglich. Sie "piddelt" wieder mit den anderen Tieren um die Wette. Das Rostrum ist kerzengerade. Nur an den Fühlern ist noch eine leichte Krümmung sichtbar. Und Madame ist über die Zeit zu meiner Lieblingsgarnele avanciert. HAPPY END.