Nochmal: hast du deine Garnelen ohne Einlauf Phase ein gesetzt?
Die Übersiedlung aus dem großen Aquarium verlief aufgrund der Vergiftungserscheinungen spontan. Allerdings wurde der eingesetzte Filter im zweiten Aquarium mit einem Filterstarter behandelt, es wurde anfangs dreimal, dann zweimal pro Woche Wasser gewechselt (~50%). die Schadstoffbelastung im Wasser habe ich laufend untersucht, der Leitwert ist immer bei den ~700ms geblieben, die auch aus der Leitung kommen. Die Übersiedlung verlief schnell mit dem Kescher, in diesem Fall und bei einer weiteren kurzzeitigen Übersiedlung einiger Tiere war das Wasser allerdings dasselbe, auch die Temperatur war gleich. In den ersten vier Wochen gab es eigentlich keine Probleme (Anm.: Die Übersiedelung war knapp vor Jahreswechsel, ich übersah dass die Zeit nun schon so weit fortgeschritten ist). Das Problem tauchte erst im Februar auf, zu einem Zeitpunkt, zu dem ich bereits einige Tiere zugesetzt hatte um die für die Artgerechtigkeit empfohlene Zahl von insgesamt 10 Tieren zu erreichen. An dem Tag, an dem ich den Eingangspost schrieb hatte das Problem wieder begonnen, es begannen Garnelen zu taumeln. Ich habe zu diesem Zeitpunkt eine Filterkartuscheinlage des Aquaball gegen einen Aktivkohlebeutel getauscht, da ich zu diesem Zeitpunkt von einer Vergiftung ausging. Eine Besserung trat aber nicht ein, es starben Garnelen (aktuell sind noch 4 übrig). Der Nitritanstieg fiel mir mit dem Tröpchentest erst nach diesem Zeitpunkt auf, es stellt sich für mich die Frage, ob dieser nicht auf verstorbene und erst später entdeckte Garnelen zurückzuführen ist. Für schlechte Wasserqualität typische Symptome wie Schaum, Aufwuchs oder Trübungen waren fast nie aufgefallen. Als der Nitritpegel 0,2 mg/l erreichte war eine leichte Schaumbildung in einer Ecke erkennbar. Verschiedenen Informationen zufolge sollte die für Wirbellose problematische Nitritpegel "erst" bei 0,5 mg/l erreicht sein, wesshalb ich bezüglich des Nitrits als Problemursache etwas skeptisch bin. Eine Spätfolge der ursprünglichen Vergiftung halte ich für ausschließbar, da immer wieder scheinbar zuvor unbetroffene Tiere Diese symptome zu zeigen beginnen. Einen solchen Krankheitsverlauf nach einer eindeutigen Vergiftung konnte ich in keinem Forenbericht finden.
Das Wasser als Problemquelle denke ich ausschließen zu können. Es gibt im Haus keine Bleirohre (das Wasser im Haus wurde vor Jahren einmal getestet), der Wasserversorger (von dem ich mir über informelle Kontakte die Informationen beschafft habe) kann Schadstoffe, insbesondere im Wasser ausschließen, vom Sammelbehälter bis zum Haus sind Kunststoffrohre verlegt. Aufgrund der geographischen Lage ist auszuschließen, dass das Wasser z.b. durch Rückflüsse im Netz irgendwo verunreinigt wird. Die im Netz zu findende These, dass Stoffe ins Trinkwasser gelangen ist nicht haltbar. Das Trinkwasser wird wie gesetzlich vorgegeben regelmäßig auf seinen Inhaltsstoffe untersucht, die in der österreichischen
Trinkwasserverordnung im Teil B als Parameterwerte bezeichneten Grenzwerte machen eine wirkungsrelevate Dosis unplausibel. Z.b. intensivere Chlorungen hat es nicht gegeben, die Chlorzusetzung ist hier aufgrund der kürzeren Wege von der Quelle zum Verbraucher eher unüblich. Ich habe oberhalb angegeben, dass das Wasser sehr hart sei. Ich habe nun Untersuchungsberichte gefunden, die nicht die Quelle, sondern das Versorgungsgebiet unterscheiden. Unser Viertel wird mit 10-15° GH und 10-12° KH angegeben. Ein unmittelbar benachbartes Viertel hat die o.g. 18-20° GH und 15-16° KH. Die für unser Viertel angegebenen Werte stammen aus einem höher gelegenen Sammelbehälter, die des benachbarten Viertels aus einem tiefer liegenden Punkt im Netz. Das deckt sich in etwa mit einiger früheren angewendeten Teststreifen und macht zu Hartes Wasser als Problemursache eher unwahrscheinlich. Den Wasserwechsel selbst als Problemursache kann ich eher ausschließen, da dieser sehr sorgsam erfolgte. Das kalte Wasser wurde der Leitung entnommen und mit kochend heißem Wasser auf eine ähnliche Temperatur wie im Aquarium gebracht. Die Zuführung erfolgte mit einer Pumpe über eine Dauer von ~1 Stunde, schonender ist kaum möglich.
Ich denke, dass ich eine Problemursache innerhalb des Aquariums und seiner zugeführten Stoffe ausschließen kann. Ich habe von sämtlichen relevanten Boards dieses Forums, mindestens 10 Seiten zurück gelesen, habe im englischsprachigen Internet Informationen gesammelt und sämtliche möglichen Problemstellen abgearbeitet. Ich hatte mit den Perlhuhnbärblingen nie in dieser Form ein Problem (einer starb durch Abmagerung, ich hatte mit 3x pro Woche eher zu wenig gefüttert). Die Garnelen waren aber immer recht problematisch. Ich hatte die erste Besiedelung im März 2016 vorgenommen, das Wasser im Transportbehälter wurde in Portionen von 5-10 ml mit einer Spritze gewechselt. Es starben da bereits ständig Tiere, im Sommer waren schon einmal bis auf zwei alle Garnelen verstorben. Das Problem war immer das gleiche: Wenn eine Todesursache erkennbar war, war es der Rückenspalt, Parasiten oder Schäden am Körper waren auch im Mikroskop nicht erkennbar. Ein Nachkauf von Red Sakura aus einer halbprivaten, halb gewerblichen Zucht entpuppte sich als Reinfall, die Tiere sollten sich angeblich noch ausfärben, taten das aber nie und verschwanden mit der Zeit. Die Red Sakura, die ich vor diesem Massensterben im Herbst erwischte waren die ersten, die sich tatsächlich hielten. Bei den Nachkommen war allerdings die Merkmalsausprägung nur selten gegeben. Ich habe mich aus diesem Grund etwas in die Materie eingelesen, dabei fiel meine Aufmerksamkeit auf den Begriff der Inzuchtdepression. Dieser beschreibt eine bei der Hochzucht bestimmter Merkmale auftretende Ausprägung körperlicher Schäden, die sich z.b. in einer verkürzten Lebenserwartung manifestiert. Dass hochgezüchtete Artmerkmale nicht weitergegeben werden ist ein Merkmal für eine nicht stabile und problematische Zuchtlinie. Während bei Hunden, aber v.a. auch Kleinsäugern dieses Problem eher Aufmerksamkeit findet, scheint es in der Aquaristik noch wenig insbesondere wissenschaftliche Behandlung des Themas zu geben (Süßwassergarnelen sind im Übrigen eine in vielen Aspekten unbeforschte Art, zum Immunsystem dieser Tiere gibt es bislang wenig Material). Im Board zur Zucht findet man ab und zu Hinweise darauf, dass v.a. bei spezielleren Phänotypen (Blue Rili udgl.) die in den Handel kommenden Linien sehr instabil sind. Einen Hinweis darauf, dass die in den Handel kommende "Ware" ein "Qualitätsproblem" hat gibt der Umstand, dass in diesem, aber auch anderen Foren, auch in anderen Sprachen zum Thema Threads zu unerklärlichen Massensterben, oft nicht allzulange nach dem Kauf zu den am häufigsten erstellten Threads zählen. Ich habe den Verdacht, dass es sich mit Hochzucht-Garnelen sehr ähnlich verhält, wie mit zb. den zeitweise sehr verbreiteten Chinchillas, die in verschiedensten Farben gezüchtet wurden, sich als Hochzucht für die Haltung als Heimtier aufgrund der mit der Zucht einhergehenden Krankheitsanfälligkeit als unpraktikabel erwiesen.
Man hat als Konsument keinerlei Einblick in das, was beim Händler vor sich geht. Bei den Großhandelspreisen, auf die man im Internet hinweise findet kann ein Händler nur 50% des Bestands verkaufen und damit immer noch einen positiven Deckungsbeitrag erzielen. Ich habe bei einer größeren Zoohandlung (kein Baumarkt) einmal beobachtet wie viel dort am Morgen aus dem Becken gefischt wird und stelle mir die Frage, warum diese Tiere im Becken des Käufers auf einmal überleben sollten. Es gibt für den Handel keine Anreize, z.b. auf gesunde Zuchtlinien zu setzen - oft steht zwischen Händler und Züchter auch noch mindestens ein Großhändler. Es scheint genug Leute zu geben, die nach Ausfällen einfach erneut in den Zoohandel marschieren und einen neuen Besatz besorgen - bei billigen Neons (bei denen erschreckend viele Leute keine Ahnung davon haben, dass die Tiere nur in besonders weichem Wasser gehalten werden sollen) ist das auch einfacher als bei wirklich teuren Tieren. Ich habe aufgrund eines konkreten Geschäfts bei der Wirtschaftskammer angerufen, als ich dort aufgrund von Beobachtungen im Laden auf die (gesetzlichen) Vorgaben zur Zuchtqualität zu sprechen kam war die Antwort ein erstauntes "Dos håma?".
Ich habe den Eindruck, dass die hier vertretenen beitragsstarken User auf einem Niveau werken, das der professionellen Haltung in Zoos (ich habe in Schönbrunn einmal einen sehr interessanten Einblick in die dortige Technik erhalten) ebenbürtig ist. Es scheint zum Standard zu gehören, dass für die Haltung ein eigenes Tafelwasser durch Demineralisierung und anschließende Aufsalzung hergestellt wird. Der in einigen Beiträgen sehr hervorgehobenen Aspekt der Keimbelastung erinnert mich allerdings auch an einen anderen Aspekt der professionellen Tierhaltung, nämlich die Intensivlandwirtschaft. Zusammen mit dem Umstand, dass Garnelen ein kaum beforschtes und angeblich fragiles Immunsystem haben stellt sich die Frage, ob diese Tiere tatsächlich in einer aquarientypischen Besatzdichte haltbar sind. Es überrascht micht nicht, dass bei einer entsprechend aufwändigen Haltung Probleme kaum Auftreten. Allerdings - und davon zeugen imho die zahlreichen Berichte von einem Versterben des gesamten Bestands ohne eine eindeutig feststellbare Ursache - was ein auffäliger Unterschied zu Krankheitsberichten bei Fischen ist, wo meist ein Symptom erkennbar zu sein scheint - dass die Haltung von Garnelen unter den Bedingungen eines Laien nicht komplikationslos möglich ist.
*Was für ein langer Text*
<tl;dr> Ich glaube jede Ursache im Aquarium und den zugeführten Stoffen ausschließen zu können. Die Häufigkeit von Berichten über ähnliche Probleme legt für mich nahe, die in den Handel kommenden Garnelen durch eine Inzuchtdepression oder ähnliche Probleme geschädigt sind und eine Haltung nur unter intensiver Handhabung problemfrei möglich ist.