Hallo,
ich fand die Diskussion, die sich im Thema "Aufruf an die Community" entwickelt hat, sehr spannend. Eigentlich sollte dieses Posting als Reaktion dort stehen, jedoch wäre das genauso offtopic, wie der gesamte Teil der fachlich interessanten Diskussion. Glücklicherweise bin ich auf die Diskussion dort hingewiesen worden und ich möchte hiermit meine Gedanken mitteilen.
Ich betrachte die offene Diskussion über den Gebrauch von Antibiotika in der Garnelenhaltung sehr kritisch. Ich möchte nicht sagen, dass Antibiotika in bestimmten Fällen nicht angewendet werden sollten, jedoch birgt die offene Diskussion eine Gefahr für den unnotwendigen und nutzlosen Gebrauch von Medikamenten. Ein Problem besteht darin, dass es NICHT das Gleiche ob man einem Hund eine Antibiotikaspritze gibt oder Garnelen in einem Aquarium behandelt, in dem danach das Wasser gewechselt wird und damit das Antibiotika in niedrigen Konzentrationen in unberechenbare Trophieketten vernetzt wird. Das ist genau das was man der norwegischen Lachs-Aquakultur Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre zu Recht aufgrund eines hohen Antibiotikaverbrauches vorgeworfen hat. Zum Glück sind die Antibiotika der Lachszucht mittlerweile zu 99,5% verschwunden.
Aber zum Thema - ich denke, dass viele erfolgreiche Garnelenzüchter wahrscheinlich genausowenig wissen warum sie Erfolg haben wie die weniger erfolgreichen wissen warum die Garnelen immer wieder (vereinzelt oder in bestimmten Perioden) sterben bzw. sich nicht vermehren. Das erkennt man eigentlich daran, dass häufig sehr unspezifische Ratschläge gegeben werden, wie z.B. mehr Wasser wechseln, weniger füttern, Keimanzahl reduzieren, Medikamente einsetzen usw. Recht selten werden die Tips spezifischer. Von welcher Krankheit und von welchen Keimen reden wir eigentlich?
Es wird von Hochzuchten gesprochen, die evt. aufgrund einer Inzuchtdepression empfindlich gegen "Keime" oder Bakterien (evt. auch Viren) sind. Von wievielen Generationen Inzucht sprechen wir eigentlich? Selektion auf welches Merkmal? Immunität ist ein "starker" Selektionsfaktor. und meiner Meinung nach ist es sehr schwer eine schwächere (oder stärkere) Immunität (auf bakterielle Infektionen) durch Selektion zu verursachen. Die Ausprägung der Farbe ist dagegen ein eher "weiches" merkmal was sich leicht (über wenige Genrationen) verändern lässt. Gutes Beispiel ist der Streifen der norwegsichen Regenbogenforelle, den man durch Selektion (und Einkreuzen) fast zum Verschwinden gebarcht hat. Bei Lachsen ist uns eine Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen einige Viruskarankheiten in sehr begrenztem Umfang gelungen, aber auch nur dann, wenn man sich eine høhere Resistenz als (sehr stringentes) Zuchtziel setzt. Garnelen und Lachse sind nicht direkt vergleichbar, dennoch wird das Prinzip sehr ähnlich sein. Was ich damit sagen will, dass ich die erhöhte Anfälligkeit der Garnelen auf bestimmte Bakterien aufgrund von Selektion (über sehr wenige Generationen) sehr stark anzweifle. Aber wieso reagieren Garnelen eines Stammes scheinbar so unterschiedlich???
Ich fragte Uwe Neumann einmal (ca. 03/04), warum es bei ihm nicht alle Aquarien rammelvoll mit Bienen-und Tigergarnelen sitzen. Die Antwort: "Einige Aquarien funktionieren einfach nicht". Die Frage nach dem "Warum" ist der Ausgangspunkt an dem sich die ganze Diskussion über Keime und Bakterien orientiert. Und das ganze geht meiner Meinung nach in die falsche Richtung. Nicht die Art der Bakterien spielt eine Rolle sondern die Menge der Bakterien, die u. U. als starke Sauerstoffzehrer fungieren. Ich bin davon überzeugt, dass der Sauerstoff der Dreh und Angelpunkt bei der Haltung vieler Zwerggarnelen ist. Über den spezifischen Sauerstoffbedarf von Zwerggarnelen ist recht wenig bekannt, jedoch wird immer wieder darauf hingewiesen, dass man für eine gute Sauerstoffversorgung sorgen soll. Wer misst Sauerstoff in seinen Aquarien? Ich glaube, dass genau die Garnelenaquarien am besten laufen, die nahezu 100% O2 (also Sättigung) über den gesamten Tag und die Nacht aufweisen. Sinkt der Sauerstoff während der Nacht kann dieses für unsere Garnelen schon dann kritisch werden, wenn Fische noch ruhig und entspannt atmen. Das wird den einzelnen Garnelen dann zum Todesurteil, wenn z.B. die Häutung ansteht. Die Häutung ist ein sehr anstrengender Prozess (gerade für adulte Zwerggarnelen) und da ist es wahrscheinlich, dass der O2-Bedarf höher ist. Auch bei trächtigen Tieren ist der Bedarf sehr wahrscheinlich höher. Das bedeutet, dass vereinzelte Todesfälle tatsächlich häufig aufgrund von Häutungsproblemen oder Trächtigkeit auftauchen. Das Ableben wird aber eigentlich direkt durch einen suboptimalen O2-Gehalt generiert. Und dabei spielt die Bakterienart keine Rolle wohl aber eine evt. hohe Konzentration von Bakterien, die dann sehr viel O2 verbrauchen.
Denkt mal drüber nach - Sauerstoff als Grundlage wird so häufig vernachlässigt nicht nur bei unserem Hobby, auch bei der professionellen Fischzucht.
Und es passt vieles zusammen, wenn man O2 ins Zentrum der Probleme stellt.
So, ich bin mit meinem Monolog am Ende. Liest noch jemand mit?
Duck und wech .
MfG aus Norwegen,
Micha
ich fand die Diskussion, die sich im Thema "Aufruf an die Community" entwickelt hat, sehr spannend. Eigentlich sollte dieses Posting als Reaktion dort stehen, jedoch wäre das genauso offtopic, wie der gesamte Teil der fachlich interessanten Diskussion. Glücklicherweise bin ich auf die Diskussion dort hingewiesen worden und ich möchte hiermit meine Gedanken mitteilen.
Ich betrachte die offene Diskussion über den Gebrauch von Antibiotika in der Garnelenhaltung sehr kritisch. Ich möchte nicht sagen, dass Antibiotika in bestimmten Fällen nicht angewendet werden sollten, jedoch birgt die offene Diskussion eine Gefahr für den unnotwendigen und nutzlosen Gebrauch von Medikamenten. Ein Problem besteht darin, dass es NICHT das Gleiche ob man einem Hund eine Antibiotikaspritze gibt oder Garnelen in einem Aquarium behandelt, in dem danach das Wasser gewechselt wird und damit das Antibiotika in niedrigen Konzentrationen in unberechenbare Trophieketten vernetzt wird. Das ist genau das was man der norwegischen Lachs-Aquakultur Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre zu Recht aufgrund eines hohen Antibiotikaverbrauches vorgeworfen hat. Zum Glück sind die Antibiotika der Lachszucht mittlerweile zu 99,5% verschwunden.
Aber zum Thema - ich denke, dass viele erfolgreiche Garnelenzüchter wahrscheinlich genausowenig wissen warum sie Erfolg haben wie die weniger erfolgreichen wissen warum die Garnelen immer wieder (vereinzelt oder in bestimmten Perioden) sterben bzw. sich nicht vermehren. Das erkennt man eigentlich daran, dass häufig sehr unspezifische Ratschläge gegeben werden, wie z.B. mehr Wasser wechseln, weniger füttern, Keimanzahl reduzieren, Medikamente einsetzen usw. Recht selten werden die Tips spezifischer. Von welcher Krankheit und von welchen Keimen reden wir eigentlich?
Es wird von Hochzuchten gesprochen, die evt. aufgrund einer Inzuchtdepression empfindlich gegen "Keime" oder Bakterien (evt. auch Viren) sind. Von wievielen Generationen Inzucht sprechen wir eigentlich? Selektion auf welches Merkmal? Immunität ist ein "starker" Selektionsfaktor. und meiner Meinung nach ist es sehr schwer eine schwächere (oder stärkere) Immunität (auf bakterielle Infektionen) durch Selektion zu verursachen. Die Ausprägung der Farbe ist dagegen ein eher "weiches" merkmal was sich leicht (über wenige Genrationen) verändern lässt. Gutes Beispiel ist der Streifen der norwegsichen Regenbogenforelle, den man durch Selektion (und Einkreuzen) fast zum Verschwinden gebarcht hat. Bei Lachsen ist uns eine Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen einige Viruskarankheiten in sehr begrenztem Umfang gelungen, aber auch nur dann, wenn man sich eine høhere Resistenz als (sehr stringentes) Zuchtziel setzt. Garnelen und Lachse sind nicht direkt vergleichbar, dennoch wird das Prinzip sehr ähnlich sein. Was ich damit sagen will, dass ich die erhöhte Anfälligkeit der Garnelen auf bestimmte Bakterien aufgrund von Selektion (über sehr wenige Generationen) sehr stark anzweifle. Aber wieso reagieren Garnelen eines Stammes scheinbar so unterschiedlich???
Ich fragte Uwe Neumann einmal (ca. 03/04), warum es bei ihm nicht alle Aquarien rammelvoll mit Bienen-und Tigergarnelen sitzen. Die Antwort: "Einige Aquarien funktionieren einfach nicht". Die Frage nach dem "Warum" ist der Ausgangspunkt an dem sich die ganze Diskussion über Keime und Bakterien orientiert. Und das ganze geht meiner Meinung nach in die falsche Richtung. Nicht die Art der Bakterien spielt eine Rolle sondern die Menge der Bakterien, die u. U. als starke Sauerstoffzehrer fungieren. Ich bin davon überzeugt, dass der Sauerstoff der Dreh und Angelpunkt bei der Haltung vieler Zwerggarnelen ist. Über den spezifischen Sauerstoffbedarf von Zwerggarnelen ist recht wenig bekannt, jedoch wird immer wieder darauf hingewiesen, dass man für eine gute Sauerstoffversorgung sorgen soll. Wer misst Sauerstoff in seinen Aquarien? Ich glaube, dass genau die Garnelenaquarien am besten laufen, die nahezu 100% O2 (also Sättigung) über den gesamten Tag und die Nacht aufweisen. Sinkt der Sauerstoff während der Nacht kann dieses für unsere Garnelen schon dann kritisch werden, wenn Fische noch ruhig und entspannt atmen. Das wird den einzelnen Garnelen dann zum Todesurteil, wenn z.B. die Häutung ansteht. Die Häutung ist ein sehr anstrengender Prozess (gerade für adulte Zwerggarnelen) und da ist es wahrscheinlich, dass der O2-Bedarf höher ist. Auch bei trächtigen Tieren ist der Bedarf sehr wahrscheinlich höher. Das bedeutet, dass vereinzelte Todesfälle tatsächlich häufig aufgrund von Häutungsproblemen oder Trächtigkeit auftauchen. Das Ableben wird aber eigentlich direkt durch einen suboptimalen O2-Gehalt generiert. Und dabei spielt die Bakterienart keine Rolle wohl aber eine evt. hohe Konzentration von Bakterien, die dann sehr viel O2 verbrauchen.
Denkt mal drüber nach - Sauerstoff als Grundlage wird so häufig vernachlässigt nicht nur bei unserem Hobby, auch bei der professionellen Fischzucht.
Und es passt vieles zusammen, wenn man O2 ins Zentrum der Probleme stellt.
- Grosse Aquarien funktionieren besser, weil sie aufgrund ihres Volumens einen grossen Speicher darstellen und dadurch sauerstoffstabiler sind
- Sauerstoffzehrung aufgrund von "Bakterienblüten" treten wahrscheinlich erst nach einigen Wochen oder Monaten auf. Das Gleiche gilt häufig für Garnelensterben.
- Garnelensterben häufig bei hohen Temperaturen. Ja, weil Bakterienvermehrung geht schneller und weniger Sauerstoff ist gelöst. Temperatur ist nur indirekter Faktor für das Sterben.
- Wasserwechsel, Filterreinigung und Entfernung von Mulm- und Gammelecken hilft bei Garnelensterben. Ja, weil dadurch Bakterien und MO u.U. extrem reduziert werden und damit die weniger O2 verbraucht wird und den Garnelen mehr O2 zur Verfügung steht.
- Einsatz von Medikamenten hilft. Ja gerade bei Breitbandbehandlungen werden viele Bakterien getötet und evt. beim Wasserwechsel ausgetragen. Auch hier wird das O2 Angebot (zumindest kurzfristig) verbessert.
- etc.
So, ich bin mit meinem Monolog am Ende. Liest noch jemand mit?
Duck und wech .
MfG aus Norwegen,
Micha