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Lockstoffe, Geschmack und Immunstimulation

MXX

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Garneleneier
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Hallo,

es sieht ja so aus, dass sich immer mehr Garnelenhalter eigene Gedanken über Zusatzstoffe im Futter machen, die mehr bewirken (sollen) als gutes Wachstum. Nun habe ich von spezieller Ernährung der Zwerggarnelen nur unzureichendes Detailwissen, um hier die letzte Gewissheit zu erlangen. Was mir jedoch auffällt ist, dass es immer mehr Parallelen zur Fischernährung gibt. Dabei bleibt die Frage, ob man die Fischernährung für unsere Garnelen benutzen kann und wo die Unterschiede / Abweichungen liegen???

Amüsant ist, dass das Thema der Zusatzstoffe sowohl bei der Fisch als auch bei der Garnelenernährung häufig unter "Top Secret" behandelt wird. Dabei ist das (in Bezug auf die Fischernährung) gar keine Hexerei. Ich möchte gerne einige Beispiele nennen und vielleicht fühlt sich der eine oder andere (der Garnelenfutter herstellt) zu einer Diskussion berufen.
Grundwissen in der Fischernährung ist, dass Fische die vier Geschmacksrichtungen Süss, sauer, salzig und bitter unterscheiden können. Insofern kann beispielsweise Zucker oder Salz ein Geschmacks- und Lockstoff sein. Weiterhin gibt es einzelne Aminosäuren, die (bei einzelnen Fischen) als Lockstoff fungieren, da sie von bestimmten Rezeptoren wahrgenommen werden können.
Soviel zu den Grundlagen. Nun einige Beispiele, die ich auch nur oberflächlich anreissen möchte:

Lockstoffe (natürlich): starke Lockwirkung bei Fischen haben beispielsweise einige natürliche Extrakte. Dabei heben sich besonders Fisch- und Wurmextrakte hervor. Die stärkste Lockwirkung geht von Extrakten aus roten Mückenlarven und Squid (Tintenfisch) hervor. Der Stoff, der dabei wirkt ist Betain. Auch Extrakte aus Muscheln (Green Lipped Mussel) enthalten höhere Konzentrationen an Betain.
Positive Erfahrungen, im Hinblick auf appetittfördernde Wirkung, wurden auch mit einigen Gewürzen (Paprika, Pfeffer, Knoblauch usw.) z.T. auf Ölbasis gemacht. Dazu fehlen jedoch meines Wissens wissenschaftliche Abhandlungen. Bei pflanzlichen Extrakten wurden / werden z.T. auch gesundheitsfördernde Wirkungen vermutet. Beispielsweise wurde Knoblauch in den ersten Jahren der Lachs-Aquakultur gegen Bandwürmer und Lachsläuse eingesetzt. Soweit ich weiss gibts ja auch Diskusfutter mit Knoblauch. Ob nun für Geschmack und Appetittanregung oder Gesundheit entzieht sich meines Wissens. Ein Lockstoff, um den sich auch in der Aquakultur immer noch grosse Geheimnisse ranken ist Buttersäure. Ich finde es ja merkwürdig, dass mit geringen Konzetrationen dieses wirklich "bestialisch stinkenden Gebräus" scheinbar hochattraktive Futtersorten für Fische entstehen. Die Konzetration entscheidet hier sicher über die Wirkung, wobei hier weniger mehr ist.

Gesundheit: hier geht es im wesentlich um immunstimulierende Wirkung, was auf viele verschieden Weisen passieren kann. Ich denke, dass hier bei der Garnelenernährung gewaltig von der Fischernährung "abgekupfert" wird. Warum auch nicht? Die Fischernährung hat z.T. grosses (Schein)wissen durch Erfahrungen der Geflügelzucht erlangt. Wie angedeutet fischt man hier häufig im Trüben und positive praktische Erfahrungen mit einem Stoff sind nicht unbedingt reproduzierbar. Trotzdem eine kleine Auswahl der Top 3:
Beta-Glukane und Vitamin C sollen das Immunsystem in Alarmbereitschaft versetzen und sind wohl ein gutes "Training" für die körpereigene Abwehr um Pathogene unschädlich zu machen. Dabei wird insbesondere die Darmflora verbessert und damit auch die Resorption der Nährstoffe (Verdauung). Vitamin C (und E) wirken weiterhin antioxidativ.
Nukleotide: wirken sich ebenfalls positiv auf die Immunabwehr aus. Beim Lachs werden Nukleotide insbesondere beim Übergang vom Süss- ins Salzwasser eingesetzt um die veränderte Ionenregulierung zu erleichtern.
Histidin und Zink: wurde dem Fischfutter früher in ausreichendem Masse durch Blutmehl (Warmblüter) zugeführt. Durch BSE wurde dieses (in Norwegen) verboten. Die Folgen waren z.T. erhebliche Augenschädigungen (Katarakt) zu Zeiten starken Wachstums. Daher werden diese Stoffe z.T. zugesetzt.

Mir ist klar, dass sicher nicht alles, was in der Fischernährung Sinn macht für die Garnelen positiv ist. Genau um diese Diskussion geht es hier. Gibt es überhaupt Fachwissen in Bezug auf Ernährung von Zwerggarnelen? Kann man mit dem Wissen aus der Shrimp-Aquakultur etwas anfangen (abgesehen von Antibiotika natürlich)? Welche zusätzlichen Stoffe kann man / werden im Garnelenfutter verarbeitet? Ich denke da nicht nur an Ca, was die Häutung unterstützen soll. Vielleicht kann der ein oder andere Garnelenhalter mit "Futterambitionen" etwas mehr Licht ins Dunkel bringen. Kompliment an alle, die bis hier hin durchgehalten haben.

Mit besten Grüssen von Norwegens Westküste,

Micha
 
Hallo nochmal,
Naja, vielleicht sah es ja auch wirklich nur so aus...ich meine das mit den Gedanken und so... die Zeit ist wohl noch nicht reif dafür...da meine ich jetzt die Diskussion und so :eek:

Gruss nach D aus N

Micha
 
Hallo, die Zeit ist schon reif dafür aber dieser riesige Info/Frageblock
macht einem ja angst:D.
Ich weiß jetzt nicht worauf du genau hinaus möchtest....
Also Garnelen fahren auf Fischöl gar nicht so sehr ab.
Das mit dem Leberextrakt stimmt.
Glutamate (z.B Hefezellen)kommen kaum an.
Kupferionen sind meines Wissens unwiderstehlich für Crusta.
So habe jetzt mal ein paar Sachen in den Topf geworfen.

Gruß
Bernhard
 
Hallo Bernhard,
ich wollte doch keinem Angst machen :cool:

Waren es denn so viele Fragen? Ich wollte eigentlich nur auf eine "fachlich angehauchte" Diskussion hinaus.
Ich habe gestern das Futter der Firma xy zum ersten Mal eingesetzt und meine wählerischen Red Bee haben sich wie besessen draufgestürzt...
Dieser Themenanfang hätte sicherlich auf mehr Resonanz gestossen, aber wahrscheinlich würde es ungeklärt bleiben, warum meine Garnelen so besessen waren.
Welche Attraktoren, Immunstimulatoren benutzt ihr in Eurem Garnelenfutter?...
Hier hätte ich, neben wenig Resonanz, wahrscheinlich einen Hinweis auf die Suchfunktion bekommen.
Mein Beitrag ist gespickt von Informationen aus der Aquakultur und der geneigte Leser (und Garnelenhalter) sollte eigentlich anhand der Infos zunächst eine Meinung entwickeln. Also entweder Zustimmung (z.B. ja, evt. lassen sich Kenntnisse für die Garnelenaquaristik aus der Aquakultur ziehen) oder Ablehnung (z.B. nein, ich denke dass es in der Aquakultur um andere Ziele geht und Zwerggarnelen im Aq haben andere Bedürfnisse...). Das war meine Intention.

Weiterhin wäre es natürlich beeindruckend, wenn der eine oder andere etwas aus der Praxis beitragen kann (z.B. habe Knoblauch in der Konzentration xy im Futter eingesetzt und sehe eine erhöhte Aktivität und evt. stärker Widerstandsfähigkeit).

V.a. sind Stoffe interessant, die evt. vorbeugend wirken könnten und unsere Garnelen widerstandsfähiger macht. Ein Stoff , der wohl häufig (in Futter) eingesetzt wird ist Montmorillonit (MM). Ich habe beispielsweise eine Futtermischung mit und eine ohne über mehrere Wochen und Monate an Red Bees in zwei Becken verfüttert in der Hoffnung, dass die Mischung mit MM intensiv weiss gebändert Red Bee hervorbringt. Nun, der Farbunterschied zwischen beiden Gruppen war nicht so überwältigend, aber das Futter mit MM zeigte bessere Fressaktivität und die Gruppe brachte mehr Nachkommen. Die Gruppe ohne MM bekam im Verlauf auch eine bakterielle Infektion, so dass ich leider zahlreiche Tote hatte. Aber ob es am Futter lag?
So ein Versuch ist keineswegs wissenschaftlich, so aber doch interessant und könnte ein Hinweis sein.

Ein anderer Versuch: Ich habe aus der Lachsaquakultur ein Futter (Extrudat, 3mm) mit verschiedenen Zusätzen (Beta-Glukan, Buttersäure, Nukleotide) für meine Garnelen (YF, BW) verwendet. Da das Futter von der Zusammensetzung durch hohen Fischmehlanteil (Rohprotein: 55%, Rohfett: 20%) nicht so für Garnelen geeignet schien, habe ich es nur phasenweise angewendet und zwar 1x/Woche bei den BW und 2 - 3x/Woche bei den YF. Vor Anwendung habe ich das Futter mit dem Mörser etwas weiter zerkleinert. Die Futterakzeptanz war wie erwartet sehr gut. Bei den BW gab es nach kurzer Zeit aufgrund von Häutungsproblemen einige Ausfälle und das Futter wurde abgesetzt. Die YF wuchsen im Eiltempo heran und produzierten ungeahnte Mengen an Nachkommen. Häutungsintervalle waren stark beschleunigt. Ich kann nicht sagen ob die Lebenszeit durch das starke Wachstum verkürzt war, da das Futter nur über vier Monate (eine Generation) gegeben wurde. In dieser Zeit gab es bei den YF keine Abgänge. Nebeneffekt: bei der Fütterung des Extrudates kam es zum P-Überschuss im Aq. Gemessen wurden teilweise 2mg/l, wo normalerweise nichts war. Die Pflanzen fanden das super.

Ausblick: Das, was ich mir vorstellen könnte wäre ein Garnelen-Standardfutter mit MM, Beta-Glukan und evt etwas Knoblauchextrakt, welches dann als "Gesundheitsfutter" fungieren könnte.

Lebermehl oder -extrakt wäre als Attraktor ne Überlegung wert, da es, ähnlich wie Squid, in sehr geringen Konzentrationen wirkt. Allerdings bin ich unschlüssig bei dem Zusatz von starken Attraktoren in der Aquaristik. Macht das Sinn? Oder ist ein Garnelenfutter durch den Zusatz der Basissubstanzen (Erbsen, Spirulina) schon ausreichend attraktiv? Könnte man durch starke Attraktoren auch Häutungs- oder Verdauungsprobleme bei Garnelen provozieren?

Sorry, der Fragenkatalog reisst nicht ab. Noch gebe ich nicht auf!

MfG
Micha
 
Hallo, ich komme gerade von der Arbeit und möchte nicht allzuviel schreiben, da kommt nichts gutes bei raus :p.

Das Thema Verdauung ist jetzt ein gutes Thema, Lockstoffe & CO ist eigendlich unwichtig, da der Geschmack auch bei Garnelen erstaunlich unterschiedlich ist.
Ich darf hier leider nicht über unser Futter reden aber es enthält zur unterstützung der Verdauung Polytasen (Amylase,Protease und CO),und als Immunanreger Immunoglobulin.
Crusta besitzen nämlich kein Immunsystem im herkömmlichen Sinne (keine Lymphen) Info Crusta Immunsystem und daher sind Keime der Feind No.1.

Was tun Immunglobuline = Antikörper?

- neutralisieren Gifte und Bakterien

- unterstützen Killerzellen die Eindringlinge zu vernichten

- schützen die Grenzflächen und Schleimhäute

- spielen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Viren und Pilzen

Was tun Wachstumsfaktoren?

- stimulieren das Zellwachstum

- reparieren Zellen

- verbessern die Konzentration

- unterstützen die Wundheilung

- unterstützen die Wiederherstellung von geschädigtem Gewebe

- helfen bei der Verbrennung von Körperfett

Zum Thema Häutungsprobleme:

Sie werden meist durch unsere Fehler ausgelöst:

- zu viel Futter (Proteine), zu wenig Grünfutter (Spinat,Brennnessel)

- zu viel Stress (habe mein Becken neu gemacht, habe neue Pflanzen eingesetzt...)

- falsche/zu wenig Filterung (Schadstoffe und wieder Stress)

- falscher/ungünstiger PH-Wert

Ich bin der Meinung 99% der sogenannten Häutungsprobleme sind Haltungsprobleme.

Grüße zum Norden
Bernhard
 
Hallo,

die von Dir verlinkte Arbeit handelt ja über Insekten. Gibt es da nichts spezifiches zu Crustaceen? Können wir das Immunsystem der Insekten 1:1 auf Insekten übertragen?

Ich bin jetzt kein Fachmann über Immunglobuline, aber gibt es da nicht viele verschiedene Fraktionen? Wenn ich mich richtig erinnere, ist bei den Menschen IgG die dominante Klasse, bei Fischen dagegen das IgM. Insekten steuern ihr Immunsystem über die Hæmolymphe (also vergleichbar mit der Lymphe?). In dieser Hæmolymphe gibt es doch eine weitere Ig-Klasse, das sogenannte Hemolin. Hoffentlich liege ich hier jetzt nicht vollkommen neben der Spur. Aber, wenn das alles nur halbwegs richtig ist, kommen wieder zahlreiche Fragen:
Welches Immunglobulin setze ich im Futter ein?
Ist es überhaupt käuflich in reiner Form verfügbar?
Wird dieses dann tatsächlich auch resorbiert oder doch nur als Ballast nutzlos wieder ausgeschieden?

Ich finde die Idee mit den Immunglobulinen nicht schlecht, sie wird ja in der Kälber- und Geflügelzucht praktiziert, aber das Immunsystem von Säuger ist evt. etwas besser erforscht, so das man da sehr spezifisch steuern kann. Gibt es da genaue Erkenntnisse zu Garnelen?

Bei Fischen gibt es auch nur eine sehr übersichtliche Anzahl von Forschungsarbeiten zu Ig im Futter und zumindest in der Lachszucht werden diese nicht eingesetzt. Das kann natürlich auch am Preis liegen.

Ansonsten gehe ich mit Deiner Sichtweise sehr konform. Die Probleme mit Garnelen sind hausgemacht. Aber gerade deswegen wäre eine Futterart /strategie sinnvoll, damit die Toleranzschwelle der Garnelen steigt. In der kommerziellen shrimp-aquaculture werden ja schon fast traditionell Antibiotika als Prophylaxe eingesetzt (indiskutabel :(). Die Problematik ist aber die gleiche wie in unseren Aquarien (bloss um das x-fache extremer). Sehr grosse Teile des angebotenen Futters werden nicht gefressen und dadurch steigt die Bakteriendichte exponentiell. Anstelle der Antibiotika gibt es dort stellenweise auch gute Erfolge mit Beta-Glukanen, was in flüssiger Form dem Wasser oder in Pulverform dem Futter zugesetzt wird. Hier wird also auf eine sehr "unspezifische Breitbandwirkung" gesetzt. Der Riesenvorteil ist, dass Betaglukane nicht als Medikament gelten. Der Nachteil: das Zeug wirkt eben nicht spezifisch und auch die Nachhaltigkeit ist scheinbar stark begrenzt.

Es steht ausser Frage, dass auf dem Gebiet der Tierernährung, insbesondere beim sogenannten "Vorsorgefutter", immer noch heftig spekuliert wird. Und vielleicht besonders, wenn man den Hobbybereich betritt. Und das ist ja das schöne bei Hobbys, hier kann man einfach mal "aufs Blaue hinaus" fantasieren. Das man dabei dann durchaus mal ins "Schwarze trifft" mach die Sache dann extrem spannend ;).

MfG
Micha

P.S.: Da hast Du / habt Ihr ne schöne Internetseite mit vielen guten Tips. Die Futterempfehlungen anhand eigener Beobachtungen finde ich sehr empfehlenswert. Ich werde mich beim nächsten D-Aufenthalt wohl mal mit dem ein oder anderen Futter eindecken müssen.
 
Hallo Micha,

ich finde deinen Betrag brillant! Aber ich befürchte, so weit ist die Garnelenhaltung noch nicht, da sich die Zucht bisher noch mehr oder minder vollständig auf der Hobbyebene befindet. Da gilt das Prinzip Versuch und Irrtum. Systematisches Testen finden (auf wissenschaftlicher Ebene) praktisch nicht statt. Zumindest ist mir derartiges nicht bekannt. Darum wahrscheinlich auch die geringe resonanz auf deinen Beitrag. Ich denke jedoch, er wird gierig gelesen.

Ich habe beispielsweise eine Futtermischung mit und eine ohne über mehrere Wochen und Monate an Red Bees in zwei Becken verfüttert in der Hoffnung, dass die Mischung mit MM intensiv weiss gebändert Red Bee hervorbringt. Nun, der Farbunterschied zwischen beiden Gruppen war nicht so überwältigend, aber das Futter mit MM zeigte bessere Fressaktivität und die Gruppe brachte mehr Nachkommen. Die Gruppe ohne MM bekam im Verlauf auch eine bakterielle Infektion, so dass ich leider zahlreiche Tote hatte. Aber ob es am Futter lag?
So ein Versuch ist keineswegs wissenschaftlich, so aber doch interessant und könnte ein Hinweis sein.
... und hier liegt das Problem. Ich müsste doch über einen längeren Zeitraum mehrere Becken mit vegleichbarem Inhalt (an Tieren, Pflanzen, Volumen usw.) parallel laufen lassen. Und zwar nicht nur ein Becken pro Versuch (Futterplan), sondern auch, um ein statistisch brauchbares Ergebnis zu erhalten und eventuelle Störfälle auszuschalten, am besten gleich 3 Becken pro Testgruppe. Wenn ich dann also A mit B vergleichen will, sollte ich 6 Becken laufen haben (oder gar mehr). Das macht hier bestimmt keiner. Auch wenn mich das Ergebnis brennend interessieren würde.

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich lediglich mit folgenden Erkenntnissen beitragen: Künstliches Futter birgt die Gefahr der Überdosierung und erhöht den Keimdruck - Todesfälle. Natürliches Futter (bei mir sind immer große Mengen an Laub im Becken) kann das zusätzliche Füttern in moderat besetzten Becken deutlich reduzieren und wirkt sich sehr positiv auf die Population aus. Ob auch noch positive Effekte (Gerbsäure) wirken ist natürlich möglich.

Mein Ansatz in der Futterherstellung würde sich diese Erkenntnis zu Nutzen machen. Ein von mir hergestelltes Eigenfutter würde immer auf Laub basieren. Die Erhöhung des Proteinanteils würde ich, wenn erforderlich, über Schnecken (meine Garnelen lieben zerdrückte Blasenschnecken!) zufügen. Es könnte jedoch auch sein, dass die Vorliebe für zerdrückte Blasenschnecken nichts mit dem Bedarf von Proteinen zu tun hat, sondern lediglich der Darminhalt (vorverdaute Pflanzenstoffe?) den Reiz ausübt. Wölfe fressen beim erlegten Wild auch vorzugsweise den Magen und Darm. Das Muskelfleich nur zuletzt und eher ungern.

Ich hoffe, auch diese eher schlichten Gedanken eines Hobbyhalters tragen zu einer angeregten Diskussion bei.

Ulrike
 
Hi Ulrike,

ich finde deinen Betrag brillant! Aber ich befürchte, so weit ist die Garnelenhaltung noch nicht, da sich die Zucht bisher noch mehr oder minder vollständig auf der Hobbyebene befindet. Da gilt das Prinzip Versuch und Irrtum. Systematisches Testen finden (auf wissenschaftlicher Ebene) praktisch nicht statt. Zumindest ist mir derartiges nicht bekannt. Darum wahrscheinlich auch die geringe resonanz auf deinen Beitrag. Ich denke jedoch, er wird gierig gelesen.

Ja, und hier soll es doch auch bei einer Hobbydiskussion bleiben. Auch wenn man anmerken kann, dass es mittlerweile ne ganze Menge Firmen mit "Garnelenfutter" gibt und es interessant wäre, was die Rezepte an "wissenschaftlicher" Grundlage beherbegen. Da gibt es ja ne Vielfalt an verschiedenartiger Rohstoffzusammensetzungen:eek:, ob die alle zum Wohle unsere Garnelen beitragen? Mmmh, sollte man sich die gleiche Frage beim Fischfutter... nee das geht jetzt zuweit...

Jedenfalls gibts bei den Garnelenhaltern ne ganze Reihe findiger Menschen, die den Garnelen eigenes Futter kredenzen. Ob Hobby oder Leidenschaft ist da egal, das braucht gar nicht wissenschaftlich zu sein. Mit vielen unterschiedlichen Beiträgen, Sichtweisen, Ideen und praktischen Erfahrungen kann man sich auch so (ohne wissenschaftliches Feedback) eine Meinung bilden. Was ist für Garnelen gut und was nicht? Das ist die Frage.


... und hier liegt das Problem. Ich müsste doch über einen längeren Zeitraum mehrere Becken mit vegleichbarem Inhalt (an Tieren, Pflanzen, Volumen usw.) parallel laufen lassen. Und zwar nicht nur ein Becken pro Versuch (Futterplan), sondern auch, um ein statistisch brauchbares Ergebnis zu erhalten und eventuelle Störfälle auszuschalten, am besten gleich 3 Becken pro Testgruppe. Wenn ich dann also A mit B vergleichen will, sollte ich 6 Becken laufen haben (oder gar mehr). Das macht hier bestimmt keiner. Auch wenn mich das Ergebnis brennend interessieren würde.

Ja, schon klar drei Becken mit Randomisierung, Standardbedingungen (schwierig, schwierig), statistischer Auswertung und dem ganzen Schmonsens. Das durfte ich während meines Studiums mit verschiedenen Angelfuttern und Karpfen durchziehen. Der Spass wurde im Verlaufe der Arbeit immer weniger. Trotz guter Ergebnisse hat das doch am Schluss kaum noch einen interessiert, da ging es dann plötzlich um gaaanz viele Details. Nein, bei den Garnelen können wir uns noch leidenschaftlich in den Grundlagen austoben.

... Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich lediglich mit folgenden Erkenntnissen beitragen: Künstliches Futter birgt die Gefahr der Überdosierung und erhöht den Keimdruck - Todesfälle. Natürliches Futter (bei mir sind immer große Mengen an Laub im Becken) kann das zusätzliche Füttern in moderat besetzten Becken deutlich reduzieren und wirkt sich sehr positiv auf die Population aus. Ob auch noch positive Effekte (Gerbsäure) wirken ist natürlich möglich. .

Was ist am Futter künstlich und was hälst Du für die Bestandteile, die für Garnelen DIREKT gefährlich sein können? Mir fallen da folgende Stichworte ein: Hoher Proteingehalt (Gesamtprotein oder tierisches Protein?), andere Nährstoffe, Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Wassergehalt...
Keimdruck und Bakteriendichte wird durch Futter mit hohem Nährstoffgehalt erhöht, ja. Sind diese Bakterien DIREKT gefährlich oder INDIREKT? Z.B. durch starke Sauerstoffzehrung kommt es zum Sauerstoffmangel...
Gib es überhaupt Garnelenzüchter, die die Zwerggarnelen ohne Laub, Erlenzapfen o.ä. vermehren?
Ich habe auch Erfahrungen gemacht, dass starker Einsatz von handelsüblichem "Fischfutter" bei Garnelen nicht sehr nachhaltig funktioniert. Hin und wieder ist das jedoch ok und die Akzeptanz seitens der Garnelen ist gross. Nun stellt sich mir die Frage, ob man evt. ein anderes Aq-setup fahren sollte, damit eine intensivere Fütterung, gutes Wachstum und Vermehrung verbunden mit optimaler Gesundheit möglich wird.
1. Bodengrund raus oder minimal (Bakterienkontrolle)
2. Viele, viele Wasserwechsel oder permanenter Wasseraustausch (Bakterienkontrolle)
3. UV und evt. Einsatz von Easy Life (Bakterienkontrolle)
4. Sauerstoff und starke Belüftung, rel. hohe Strömung
5. Pflanzen mit grosser Oberfläche nur in einem kontrollierten Rahmen einsetzen, grosse Javamoospolster vermeiden (Bakterienkontolle)
6. Mulm in tolerierbaren Grenzen (Bakterienkontrolle, Sauerstoffzehrung)
7. Relativ reichlich Laub unterschiedlichem "Verrottungsgrades". Laub birgt zwar Gefahren der Bakterienakkumulation, was jedoch durch den positiven Effekte für Garnelengesundheit unterzuordnen ist
8. Hohe Garnelendichten und Einsatz von "Leistungsfutter"
Fehlt noch was? Das wär doch mal ein Projekt für ein neues 60er. Bleibt die Frage nach hohen Garnelendichten. Rein gefühlsmässig wird mir bei 120 - 150 erwachsenen Garnelen in einem 60er mulmig. Ist sicher auch artabhängig. Kan man da ne Faustregel aufstellen?

... Mein Ansatz in der Futterherstellung würde sich diese Erkenntnis zu Nutzen machen. Ein von mir hergestelltes Eigenfutter würde immer auf Laub basieren. Die Erhöhung des Proteinanteils würde ich, wenn erforderlich, über Schnecken (meine Garnelen lieben zerdrückte Blasenschnecken!) zufügen. Es könnte jedoch auch sein, dass die Vorliebe für zerdrückte Blasenschnecken nichts mit dem Bedarf von Proteinen zu tun hat, sondern lediglich der Darminhalt (vorverdaute Pflanzenstoffe?) den Reiz ausübt. Wölfe fressen beim erlegten Wild auch vorzugsweise den Magen und Darm. Das Muskelfleich nur zuletzt und eher ungern. .
Sagt man nicht ...essen wie ein Wolf? Jetzt verstehe ich was damit gemeint ist :D
Da sprichst Du von vorfermentierter Nahrung. Stellt diese einen direkten Reiz da, ist der Einsatz von Enzymen gar nicht verkehrt. Hattest Du nicht so ein Futter auf Deiner Seite vorgestellt, Bernhard? Zum anderen könnte der Reiz bei zerdrückten Schnecken auch wieder durch Betain entstehen. Der absolute Proteingehalt von zerdrückten Schnecken ist übrigens erschlagend gering im Vergleich mit allen TROCKENfuttersorten:cool:.

... Ich hoffe, auch diese eher schlichten Gedanken eines Hobbyhalters tragen zu einer angeregten Diskussion bei..
Ja, weitermachen...

Micha
 
Hey Leute,
auch wenn ich nichts zu dieser Diskussion beitragen kann, finde ich sie doch hoch informativ und spannend!

Also bitte weiterführen!:hurray:

LG
Stephan
 
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