KirstenC.
GF-Mitglied
Hallöchen
Nachdem ich einige Jahre der Aquaristik den Rücken gekehrt hatte, bin ich nun seit ein paar Wochen mit dem Thema "Nano" und "Vasenaquarien" zurück und hier im Forum sicher gelandet. Danke dafür
Ich habe in der Zeit ein wenig zu experimentieren angefangen und ich habe sehr viel Zeit zum Lesen gehabt. Im Moment beschäftigt mich das Thema "Einlaufzeit". Meine praktischen "Erfahrungen" sind alle von Anno Dunnemals, aber die Naturgesetze haben sich ja vermutlich seitdem nicht geändert Ich möchte einfach mal hier aufschreiben, was mir dazu durch mein grau-blondes Köpfchen geht. Ich würde mich über eine angeregte und sachliche Diskussion freuen, weil ich gerne weiter dazu lerne und meinen Horizont erweitere!
Zunächst: Ich habe auch früher nie Becken wirklich "einlaufen" lassen, jedenfalls nicht so, wie man das heute wohl versteht. Natürlich habe ich auch schon eine Menge "Lehrgeld" bezahlt, aber in Bezug auf "falsches" oder "unzureichendes" Einlaufen setze ich das alles nicht. Das waren andere Fehler...
Ich lese hier nicht selten die dringende Empfehlung, Garnelen erst nach 4 oder 6 Wochen in ein neues Becken einzusetzen. Argumentiert wird meist mit dem "Nitritpeak", der die Tiere sonst dahinraffen würde. Meine Gedanken dazu:
1) Ein Nitritpeak kann verhindert werden, zumindest stark abgeschwächt und wenn er doch kommt, hilft der Wasserwechseleimer für ein paar Tage. So what?
2) Nitrit ist für Garnelen lange nicht so riskant, wie für manche Fische. Vermutlich schadet eine längerfristige deutliche Erhöhung des Nitritgehaltes auch Garnelen, aber ein "Peak" beinhaltet ja schon im Wortsinn die kurze Dauer.
3) Ammoniak als Vorstufe des Nitrits ist für Garnelen hingegen sehr gefährlich. Habe ich aber einen PH unter 7, liegt statt Ammoniak Ammonium vor und das macht den Garnelen nichts aus. Habe ich also einen messbaren, halbwegs moderaten Nitritanstieg, bedeutet dass, das das "giftige" Ammoniak, sofern es denn überhaupt da war, soeben abgebaut wurde. Der Nitritpeak könnte also regelrecht den Startschuss für den Garnelenbesatz bedeuten. (Ich weiß, das wirkt provokant, ist auch eher theoretisch gemeint) Bei einem stabilen PH unter 7 wäre auch das egal.
4) Lasse ich ein Becken ohne Besatz/mit sehr geringem Besatz 500 Jahre laufen, und setze dann irgendwelche Tiere in nennenswerten Mengen ein, kommt mit großer Wahrscheinlichkeit ein Nitritpeak. Die Dauer des leeren Einlaufens spielt also gar keine Rolle. Die nitrifizierenden Bakterien müssen sich immer der aktuellen Nitritproduktion im Becken anpassen, egal WANN sich diese ändert. Ideal wäre also, von Anfang an in Häppchen mit etwa einer Woche Abstand die geplanten Tiere einzusetzen. Das bedeutet, mehrfache Versandkosten, wenn man die Tiere bestellt. Beim Züchter seines Vertrauens stammen die nachgelieferten Tiere dann aus dem selben Becken und bringen keine fremden Keime mit.
5) Es gibt scheinbar öfter Ausfälle von Garnelen nach dem Umsetzen/Einzug.
Ich vermute, Garnelen sind sehr stressanfällig und ihr Immunsystem (wenn man denn von einem solchen sprechen will) ist eher langsam bei der Anpassung an neue Umwelten. Ganz zufrieden bin ich mit dem Gedanken noch nicht, denn "in der Natur" ändert sich auch dauernd was an Wasserwerten und Umwelt und die Tiere überstehen das offensichtlich seit Jahrmillionen ganz gut. Die hier seit Generationen gezüchteten Tiere müssten eigentlich auch die sein, die allerhand Stress und wechselnde Wasserwerte bislang am besten überlebt haben... und ich gehe davon aus, dass seriöse Züchter eine gewisse Stabilität auch als oberstes Zuchtziel verfolgen. Passt also alles nicht so ganz. Meine Quintessenz hieraus ist jedenfalls das besonders stressarme, langsame und sanfte umgewöhnen und einsetzen.
Die zweite Idee für die Ursache des Garnelensterbens nach Umzug ist das Thema "Keime". Es ist scheinbar unmöglich, wissenschaftlich seriöse Informationen über dieses Thema zu bekommen. Wenn man dazu forscht, dann im Sinne der Nahrungsindustrie, die Garnelen in Massen und möglichst kostensparend erzeugen will und die haben da so ihre "Mittelchen". Außerdem müssen hier die Tiere nur schnell groß werden und nicht lange überleben. Ohne diese Informationen bleibt also nur der "Glaube", was nicht immer das schlechteste ist. Glaubt man also, dass Garnelen mit fremden Keimumwelten ein Problem haben, spricht das dafür, die Tiere in ein möglichst frisches Becken zu setzen, in dem sich noch keine Konkurrenten für eine Entwicklung der garneleneigenen Keime befinden. Wieder ein Argument gegen lange leere Einfahrzeiten...
Meine ganz persönliche Meinung:
Es ist sicher nur gut gemeint, wenn man Einsteiger davor bewahren möchte, Tiere zu verlieren und sie daher dazu auffordert, ein Becken lange einfahren zu lassen. Ob es wirklich zielführend ist, bezweifle ich langsam. Wichtiger finde ich persönlich Tipps wie:
1) Keine Pflanzen aus dem Handel und wenn doch, dann ewig laaange wässern. Möglichst viele Pflanzen und auch Dekomaterial (Wurzeln/Steine) aus gut laufenden Garnelenbecken von privat bekommen. Hat man die nicht, gerne lebende Bakterien kaufen. (Oder auch zusätzlich)
2) Nitrit anfangs täglich MESSEN und bei Werten ab 0,5 oder 1,0 häufigere kleine Wasserwechsel. (Z.B. 2 mal täglich 10% statt einmal wöchentlich 80%, sonst holt man ja fast alle Bakterien wieder aus dem Becken). Bei Problemen und seltsamem Verhalten von Tieren auch mal einen größeren Wasserwechsel natürlich.
3) Von Anfang an Tiere einsetzen, aber immer so wenige wie möglich in kleinen Portionen. Keine Tiere aus verschiedenen Becken zu sehr durcheinander einsetzen. Lieber zwei- oder dreimal die Versandkosten bezahlen, als jedes mal das große Sterben riskieren. (das gilt meiner Meinung nach besonders für Fische. bei Garnelen und Schnecken in moderaten Mengen in genügend Litern Wasser finde ich es nicht sooo wichtig)
4) Garnelen immer super sanft und langsam an das neue Wasser gewöhnen. Stress vermeiden.
5) Wasser immer vorher auf Kupfer testen (lassen). Verschiedene Wasserstellen im selben Haus können unterschiedliche Kupfergehalte haben!
6) Tiere am besten von vertrauenswürdigen Hobbyzüchtern beziehen. Den Versandstress haben sie ohnehin, auch der Händler um die Ecke muss die Tiere ja irgendwie in den Laden bekommen haben. Abholen von privat ist natürlich immer besser, wenn irgend möglich.
Ah, noch vergessen: Am Anfang Bakterien füttern. Mit etwas aufgeschwemmter Hefe, gemörsertem und aufgeschwemmtem Fischfutter oder besser speziellen Produkten wie Genchem Polytase/Biozyme. Schnecken im frischen Becken moderat zufüttern. Ihr Kot ist Bakterienfutter!
Das ist meine bisherige persönliche Quintessenz. ich bin gespannt auf weitere Meinungen, Anregungen und Argumente!
Lieben Gruß
Kirsten
Nachdem ich einige Jahre der Aquaristik den Rücken gekehrt hatte, bin ich nun seit ein paar Wochen mit dem Thema "Nano" und "Vasenaquarien" zurück und hier im Forum sicher gelandet. Danke dafür
Ich habe in der Zeit ein wenig zu experimentieren angefangen und ich habe sehr viel Zeit zum Lesen gehabt. Im Moment beschäftigt mich das Thema "Einlaufzeit". Meine praktischen "Erfahrungen" sind alle von Anno Dunnemals, aber die Naturgesetze haben sich ja vermutlich seitdem nicht geändert Ich möchte einfach mal hier aufschreiben, was mir dazu durch mein grau-blondes Köpfchen geht. Ich würde mich über eine angeregte und sachliche Diskussion freuen, weil ich gerne weiter dazu lerne und meinen Horizont erweitere!
Zunächst: Ich habe auch früher nie Becken wirklich "einlaufen" lassen, jedenfalls nicht so, wie man das heute wohl versteht. Natürlich habe ich auch schon eine Menge "Lehrgeld" bezahlt, aber in Bezug auf "falsches" oder "unzureichendes" Einlaufen setze ich das alles nicht. Das waren andere Fehler...
Ich lese hier nicht selten die dringende Empfehlung, Garnelen erst nach 4 oder 6 Wochen in ein neues Becken einzusetzen. Argumentiert wird meist mit dem "Nitritpeak", der die Tiere sonst dahinraffen würde. Meine Gedanken dazu:
1) Ein Nitritpeak kann verhindert werden, zumindest stark abgeschwächt und wenn er doch kommt, hilft der Wasserwechseleimer für ein paar Tage. So what?
2) Nitrit ist für Garnelen lange nicht so riskant, wie für manche Fische. Vermutlich schadet eine längerfristige deutliche Erhöhung des Nitritgehaltes auch Garnelen, aber ein "Peak" beinhaltet ja schon im Wortsinn die kurze Dauer.
3) Ammoniak als Vorstufe des Nitrits ist für Garnelen hingegen sehr gefährlich. Habe ich aber einen PH unter 7, liegt statt Ammoniak Ammonium vor und das macht den Garnelen nichts aus. Habe ich also einen messbaren, halbwegs moderaten Nitritanstieg, bedeutet dass, das das "giftige" Ammoniak, sofern es denn überhaupt da war, soeben abgebaut wurde. Der Nitritpeak könnte also regelrecht den Startschuss für den Garnelenbesatz bedeuten. (Ich weiß, das wirkt provokant, ist auch eher theoretisch gemeint) Bei einem stabilen PH unter 7 wäre auch das egal.
4) Lasse ich ein Becken ohne Besatz/mit sehr geringem Besatz 500 Jahre laufen, und setze dann irgendwelche Tiere in nennenswerten Mengen ein, kommt mit großer Wahrscheinlichkeit ein Nitritpeak. Die Dauer des leeren Einlaufens spielt also gar keine Rolle. Die nitrifizierenden Bakterien müssen sich immer der aktuellen Nitritproduktion im Becken anpassen, egal WANN sich diese ändert. Ideal wäre also, von Anfang an in Häppchen mit etwa einer Woche Abstand die geplanten Tiere einzusetzen. Das bedeutet, mehrfache Versandkosten, wenn man die Tiere bestellt. Beim Züchter seines Vertrauens stammen die nachgelieferten Tiere dann aus dem selben Becken und bringen keine fremden Keime mit.
5) Es gibt scheinbar öfter Ausfälle von Garnelen nach dem Umsetzen/Einzug.
Ich vermute, Garnelen sind sehr stressanfällig und ihr Immunsystem (wenn man denn von einem solchen sprechen will) ist eher langsam bei der Anpassung an neue Umwelten. Ganz zufrieden bin ich mit dem Gedanken noch nicht, denn "in der Natur" ändert sich auch dauernd was an Wasserwerten und Umwelt und die Tiere überstehen das offensichtlich seit Jahrmillionen ganz gut. Die hier seit Generationen gezüchteten Tiere müssten eigentlich auch die sein, die allerhand Stress und wechselnde Wasserwerte bislang am besten überlebt haben... und ich gehe davon aus, dass seriöse Züchter eine gewisse Stabilität auch als oberstes Zuchtziel verfolgen. Passt also alles nicht so ganz. Meine Quintessenz hieraus ist jedenfalls das besonders stressarme, langsame und sanfte umgewöhnen und einsetzen.
Die zweite Idee für die Ursache des Garnelensterbens nach Umzug ist das Thema "Keime". Es ist scheinbar unmöglich, wissenschaftlich seriöse Informationen über dieses Thema zu bekommen. Wenn man dazu forscht, dann im Sinne der Nahrungsindustrie, die Garnelen in Massen und möglichst kostensparend erzeugen will und die haben da so ihre "Mittelchen". Außerdem müssen hier die Tiere nur schnell groß werden und nicht lange überleben. Ohne diese Informationen bleibt also nur der "Glaube", was nicht immer das schlechteste ist. Glaubt man also, dass Garnelen mit fremden Keimumwelten ein Problem haben, spricht das dafür, die Tiere in ein möglichst frisches Becken zu setzen, in dem sich noch keine Konkurrenten für eine Entwicklung der garneleneigenen Keime befinden. Wieder ein Argument gegen lange leere Einfahrzeiten...
Meine ganz persönliche Meinung:
Es ist sicher nur gut gemeint, wenn man Einsteiger davor bewahren möchte, Tiere zu verlieren und sie daher dazu auffordert, ein Becken lange einfahren zu lassen. Ob es wirklich zielführend ist, bezweifle ich langsam. Wichtiger finde ich persönlich Tipps wie:
1) Keine Pflanzen aus dem Handel und wenn doch, dann ewig laaange wässern. Möglichst viele Pflanzen und auch Dekomaterial (Wurzeln/Steine) aus gut laufenden Garnelenbecken von privat bekommen. Hat man die nicht, gerne lebende Bakterien kaufen. (Oder auch zusätzlich)
2) Nitrit anfangs täglich MESSEN und bei Werten ab 0,5 oder 1,0 häufigere kleine Wasserwechsel. (Z.B. 2 mal täglich 10% statt einmal wöchentlich 80%, sonst holt man ja fast alle Bakterien wieder aus dem Becken). Bei Problemen und seltsamem Verhalten von Tieren auch mal einen größeren Wasserwechsel natürlich.
3) Von Anfang an Tiere einsetzen, aber immer so wenige wie möglich in kleinen Portionen. Keine Tiere aus verschiedenen Becken zu sehr durcheinander einsetzen. Lieber zwei- oder dreimal die Versandkosten bezahlen, als jedes mal das große Sterben riskieren. (das gilt meiner Meinung nach besonders für Fische. bei Garnelen und Schnecken in moderaten Mengen in genügend Litern Wasser finde ich es nicht sooo wichtig)
4) Garnelen immer super sanft und langsam an das neue Wasser gewöhnen. Stress vermeiden.
5) Wasser immer vorher auf Kupfer testen (lassen). Verschiedene Wasserstellen im selben Haus können unterschiedliche Kupfergehalte haben!
6) Tiere am besten von vertrauenswürdigen Hobbyzüchtern beziehen. Den Versandstress haben sie ohnehin, auch der Händler um die Ecke muss die Tiere ja irgendwie in den Laden bekommen haben. Abholen von privat ist natürlich immer besser, wenn irgend möglich.
Ah, noch vergessen: Am Anfang Bakterien füttern. Mit etwas aufgeschwemmter Hefe, gemörsertem und aufgeschwemmtem Fischfutter oder besser speziellen Produkten wie Genchem Polytase/Biozyme. Schnecken im frischen Becken moderat zufüttern. Ihr Kot ist Bakterienfutter!
Das ist meine bisherige persönliche Quintessenz. ich bin gespannt auf weitere Meinungen, Anregungen und Argumente!
Lieben Gruß
Kirsten